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Datenschützer wollen Facebook-Seiten von Behörden verbieten
STUTTGART. Nach der Explosion eines Wohnhauses in Stuttgart hat die Stadt auf ihrer Facebook-Seite einen Spendenaufruf veröffentlicht. Das Posting erhielt fast 200 Likes, und wurde über hundert Mal geteilt. Für die Landeshauptstadt ist der Facebook-Kanal mit über 100 000 Followern der reichweitenstärkste im Bereich Social Media. Darauf kann sie in Krisen schnell informieren und Hilfe für Betroffene organisieren.
Doch die Facebook-Nutzung von Behörden ist unter Datenschützern seit Langem hoch umstritten. Ende Februar hatte der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber alle Bundesbehörden erneut dazu aufgefordert, ihre Facebook-Präsenz abzuschalten.
Das Bundespresseamt klagt gegen eine Anordnung
Das Bundespresseamt ist anderer Ansicht: Für die von Kelber angesprochenen Datenschutzfragen sei allein Facebook als Plattform zuständig – und nicht die Regierung als Inhaberin der Seite. Vielmehr sei Facebook ein wichtiger Kanal, um die Bürger zu erreichen. Um diese Frage grundsätzlich für die Behörden zu klären, hat das Bundespresseamt vergangene Woche vor dem Verwaltungsgericht Köln eine Klage gegen die Anordnung Kelbers eingereicht.
„Sollte der Bescheid vom Bundesbeauftragten Bestand haben und das Gericht entsprechend urteilen, kann es schnell Wirkung entfalten“, warnt Jan Wacke, Leitender Beamter beim Landesbeauftragen für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg. Es seien in diesem Zusammenhang weitere Gerichtsverfahren zu erwarten. „Dies sollten Behörden im Blick haben“, erklärt er.
Auch in Sachsen spitzt sich ein Streit zwischen der Staatsregierung und der Datenschutzbeauftragten zu. Dort hatte die oberste Datenschützerin Juliane Hundert die Regierung in Dresden aufgefordert, die Facebook-Präsenz abzuschalten – bislang erfolglos. Hundert stellte nun ein Ultimatum: Bis zum 31. März soll die Staatsregierung sich erklären, ob und wann die Facebook-Seite eingestellt wird. Sollte sie sich nicht durchsetzen, droht Hundert mit einem Bescheid, der zur Abschaltung zwingen würde – mit Folgen auch für die Kommunen im Freistaat.
Der Grund für die Kritik der Datenschützer ist der Umgang von Facebook mit persönlichen Daten, die das Unternehmen speichert und womöglich auch verkauft. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Jahr 2018 ist das rechtswidrig. Das Gericht hatte betont, dass die Hürden für eine datenschutzkonforme Facebook-Nutzung für öffentliche Stellen hoch seien. Denn sie seien gemeinsam mit Facebook für die Einhaltung des Datenschutzes verantwortlich. Die Datenschützer berufen sich zudem auf ein Gutachten der Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder.
Datenschützer verweist auf Twitter-Alternative Mastodon
Für Kommunen wäre ein Facebook-Verbot ein harter Schlag. Denn die Plattform garantiert eine große Reichweite, um die Bürger zu informieren. Freiburg etwa nutzt die Sozialen Medien, um das Vertrauen von Bürgern in die Verwaltung zu stärken, teilt die Stadt mit. Es würden auch Personen erreicht, die sich kaum für Kommunalpolitik interessieren, gleichzeitig erfährt die Verwaltung, was diese bewegt.
Was sollten Kommunen im Südwesten im Umgang mit Facebook beachten? Wacke erwartet, dass öffentliche Stellen mindestens einen direkten Kanal anbieten, der nicht personenbezogene Daten an Dritte weitergibt. Der Zugang zu amtlichen Informationen müsse ohne solche Einschränkungen möglich sein. Denn: „Reichweite allein kann nicht begründen, rechtliche Anforderungen nicht zu beachten“, erklärt Wacke.
Der oberste Datenschützer verweist auf den datenschutzkonformen Kurznachrichtendienst Mastodon. Hier sind bereits einige Kommunen vertreten, auch Stuttgart und Freiburg. Die Verwaltungen betonen jedoch, dass die Nutzerzahlen der Alternative noch relativ gering seien.
Niederlande untersagen Tiktok auf Diensthandys
Staatsbedienstete in den Niederlanden dürften die Kurzvideo-App Tiktok auf Diensthandys nicht mehr nutzen und müssten diese löschen, teilte das niederländische Innenministerium vergangene Woche mit. Darüber hinaus riet es davon ab, Programme aus „Staaten mit einem aggressiven, gegen die Niederlande oder niederländische Interessen gerichteten Cyber-Programm“ zu nutzen. Der Nachrichtendienst AIVD hatte im vergangenen Monat China, Russland, Iran und Nordkorea als solche Staaten benannt.
In den vergangenen Wochen hatten unter anderem Großbritannien, Neuseeland und Belgien die App auf Diensthandys verboten. Zuvor hatten die USA, Kanada sowie die Institutionen der EU eine solche Regel verhängt.
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