Themen des Artikels

Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen

Krankenhausgesetz

Alle hoffen auf Änderungen nach der Bundestagswahl

Das Krankenhausverbesserungsgesetz des Bundes ist in Kraft. Wie will das Land die Vorgaben umsetzen? Ein Gutachten zur Weiterentwicklung der Kliniken im Südwesten soll Basis dafür sein. Das Sozialministerium hat seine Pläne den Krankenhausdirektoren und -trägern vorgestellt.

Die Gesundheitsversorgung im Südwesten ist derzeit insgesamt sehr gut, sagt ein Gutachten; in der Kinder- und Jugendmedizin aber nicht überall.

FUNKE Foto Services/Ant Palmer)

Freiburg/Stuttgart. „Wir in Baden-Württemberg und speziell in Südbaden haben unsere Hausaufgaben schon gemacht und sind in vielen Bereichen gut aufgestellt“, sagte der Direktor des Uniklinikums, Frederik Wenz, als er am Mittwoch in Freiburg als Hausherr das letzte von sechs Regionalgesprächen zur künftigen Gesundheitsversorgung in Baden-Württemberg einleitete.

Das Sozialministerium hatte zur Veranstaltung geladen, um Krankenhauschefs und -trägern, Landräten und Oberbürgermeistern ein Gutachten zur Krankenhausplanung vorzustellen (siehe Kasten). Dieses konstatiert dem Südwesten einen guten Ist-Zustand und eine hohe Effizienz bei der medizinischen Versorgung. So ist die Bettenzahl der Kliniken, nach starkem Abbau in den vergangenen Jahren, geringer als im Bundesdurchschnitt – 478 Betten auf 100 000 Einwohner gegenüber 573 – und gleichwohl das Versorgungsniveau hoch; nötige Gesundheitsleistungen seien für Patienten in erreichbarer Nähe. Doch die Umstellung der Planung der stationären Versorgung, Kernstück des seit Dezember gültigen Bundesgesetzes, erfordert viele Anpassungen und Veränderungen.

Fallzahlen werden laut Prognose bis 2025 weitere elf Prozent sinken

Künftig werden Leistungsgruppen die Fachabteilungen in den Krankenhäusern ablösen, erläuterte Ministerialdirektorin Leonie Dirks. Und die Zeit dafür dränge: Bis Ende 2026 muss in den Ländern die neue Krankenhausplanung abgeschlossen sein, ab 2029 soll alles finanzwirksam werden. Auf drei Ebenen würden Leistungsgruppen geplant: Die unterste bleibt der Stadt- und Landkreis mit Grund- und Notfallversorgung, „alle Leistungen, die schnell erreichbar sein müssen“, so Dirks. Hochspezialisierte Leistungen wie Organtransplantationen sollen dagegen auf Landesebene geplant werden: Denn diese seien selten, und, da planbar, den Patienten weitere Wege dafür zumutbar.

Dazwischen wird eine dritte Ebene eingezogen: die Versorgungsregion. Das Land wird in sechs Versorgungsregionen eingeteilt. Laut Gesetz sollen künftig Häuser der Maximalversorgung koordinierende Funktionen wahrnehmen. Das sei eine sinnvolle Folgerung aus der Corona-Pandemie. In jeder Versorgungsregion soll jede Leistungsgruppe mindestens einmal vorhanden sein. „Es gibt aber keine Obergrenze“.

Eine Prognose der Entwicklung bis 2035 ist auch Teil des Gutachtens, so Layla Distler, Referatsleiterin für Krankenhausplanung im Ministerium. Demnach wird die „Ambulantisierung“ in der Gesundheitsversorgung voranschreiten. Schon jetzt seien etwa kaum noch große Augenkliniken übrig geblieben, alles werde ambulant gemacht. Auch die Fallzahlen würden weiter zurückgehen, um weitere rund elf Prozent; nachdem sie zwischen 2019 und 2023 bereits um zwölf Prozent zurückgegangen waren. Das hat Folgen für die Kliniken. Die insgesamt neun Handlungsempfehlungen der Gutachter werden in den neuen Krankenhausplan des Landes einfließen, an dem das Sozialministerium in einem „dialogischen Prozess“ die Akteure vor Ort beteiligen will. Dazu gehört eine kleinteiligere und eine „erreichbarkeitsorientierte Krankenhausplanung“, der Abbau überschüssiger Bettenkapazitäten – und auch die Stärkung der sektorenübergreifenden Versorgung. In diesem Punkt, so Distler, „treibt Baden-Württemberg alle anderen Bundesländer vor sich her“. Hier sei die Zusammenarbeit zwischen ambulantem Anbietern und den Kliniken bereits weit gediehen, allerdings zahle sich das, so wie das Bundesgesetz ausgestaltet ist, finanziell nicht aus, und sei „kaufmännisch nicht abbildbar“. Das zu ändern, sagte Distler, „ist unsere große Mission“.

In den meisten Fällen sei die Versorgung derzeit gut bis sehr gut. Ein Leistungsbereich, „der uns Bauchschmerzen macht“, so Distler, ist aber die Kinder- und Jugendmedizin. Meist seien Kliniken dafür in 30 Minuten zu erreichen. Doch es gebe Gebiete, etwa um Waldshut herum, bei denen die Lage schwieriger sei.

Die Unsicherheit ist groß, ob das Gesetz so Bestand haben wird

Nachsteuerungsbedarf in der Gesundheitsversorgung gibt es also. Mehr noch sehen Ministerium wie Klinikleiter und -träger jedoch den Bedarf, das Gesetz selbst nachzubessern. Wie die neuen Bedingungen letztlich aussehen werden, kann derzeit niemand wissen, war der Tenor.

In den Vorträgen und mehr noch in der Diskussion danach wurde deutlich, dass fast alle im Saal hoffen, dass nach der Wahl im Februar die Karten neu gemischt werden. Und eine neue Bundesregierung dann die Besonderheiten der Krankenhauslandschaft im Südwesten stärker berücksichtigt. Damit es sich lohnt, dass die meisten Akteure hier ihre Hausaufgaben bereits gemacht haben.

Gutachten gibt Empfehlungen zur Gesundheitsversorgung

Das Sozialministerium hat ein Beratungsunternehmen mit einem Gutachten zur Kliniklandschaft beauftragt, das nun vorliegt. Dieses soll Basis für die Weiterentwicklung der Krankenhausplanung sein. Demnach ist die medizinische Versorgung im Land „grundsätzlich bereits auf einem sehr guten Niveau“, wie Minister Manne Lucha (Grüne) mitteilt. Doch gebe es „in manchen Bereichen Nachsteuerungsbedarf“. Die Gutachter haben auch neun Empfehlungen parat.

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 199 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesen Sie auch