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AfD ist mit Kandidaten in der Fläche wenig vertreten
Stuttgart . Die AfD tritt auf Kreisebene zwar flächendeckend zur Kommunalwahl an, teils aber mit kurzen Listen. In 34 Landkreisen suchen Kandidierende Wähler, Ausnahme ist der Kreis Sigmaringen , wo nach dem Rücktritt des Kreisvorsitzenden eine Kandidatenliste scheiterte. Damit bewirbt sich die Partei in einem Kreis mehr als vor fünf Jahren. Damals war sie in Biberach und Ravensburg nicht vertreten. In Ravensburg schlägt sie aber nur 34 Namen für die 52 Sitze vor, die mindestens vergeben werden, in Biberach zehn für 54 Sitze.
Problemzonen für die Kandidaten-Rekrutierung
Generell ist die Partei für die Kreistagswahl unterschiedlich aufgestellt. Neben Biberach ist der Alb-Donau-Kreis eine Kandidaten-Problemzone für die Partei. Ähnliches gilt für Tübingen, wo die Listen ebenfalls recht kurz ausfallen. In 32 von 44 Kreisen und kreisfreien Städten legt die Partei keine vollständige Liste vor. Volle AfD-Listen, teils mit Ersatzkandidaten, erwarten die Wähler dagegen im Ostalbkreis, im Rems-Murr-Kreis, in den Kreisen Böblingen, Freudenstadt, Karlsruhe, Lörrach und Ludwigsburg sowie im Rhein-Neckar-Kreis.
Listen wurden geheim gehalten
Oft musste die Öffentlichkeit lange auf die Kandidatennamen warten. Im Alb-Donau-Kreis wurden sie lange geheim gehalten, bei der mutmaßlichen Nominierung im Kreis Ravensburg war die Presse ausgeschlossen, Zeitungen berichteten von geheim gehaltenen Listen auch in Kommunen im Kreis Lörrach. Offen tritt die AfD in den neun kreisfreien Städten an, in Heidelberg, Karlsruhe, Mannheim und Pforzheim mit voller Listenstärke. In der Schmuckstadt hatte die AfD bei der 2019er-Wahl das beste Ergebnis landesweit erzielt. Keine vollen Listen gibt es knapp in Stuttgart sowie deutlich in Heilbronn, Baden-Baden, Freiburg und Ulm. Dort klafft die größte Lücke zwischen den acht Kandidierenden und 40 Ratssesseln.
Deutlich mehr Listen als vor fünf Jahren
In 126 Kommunen gebe es AfD-Listen, auf denen sich um die 1000 Kandidaten finden, sagt Co-Parteivorsitzender Emil Sänze , genauere Zahlen gab die Partei nicht bekannt. 2019 waren es 62 Listen, das Land hat 1101 Kommunen. Meist seien Kandidaten Parteimitglieder, so Co-Vorsitzender Markus Frohnmaier, sie hatten Vorrang bei der Listenbesetzung.
Keine landesweite Abdeckung
Damit ist die AfD weit entfernt von der landesweiten Abdeckung. Selbst wo die Partei in Landkreisen in voller Listenstärke antritt, kann es auf kommunaler Ebene dünn werden, etwa im Rems-Murr-Kreis, wo die Kreistagsliste voll ist, die Partei aber laut Presseberichten nur in zwei Kreiskommunen antritt. Einzelne Wahlkreise bei der Kreistagswahl haben keine AfD-Liste. So bringt die Partei, die der Verfassungsschutz des Landes als rechtsextremistischen Beobachtungsfall führt, in Tübingen weder für die Stadt, noch für den Kreistagswahlkreis eine Liste zusammen.
Wo der Wind von links weht
Der als migrationskritisch bekannte OB Boris Palmer (parteilos) hat das als seinen Erfolg reklamiert. AfD-Parteichef Sänze macht ein schwieriges Klima in den Unistädten für seine Parteigänger aus, wofür neben der kurzen Freiburger Liste auch Konstanz spricht, wo es gar keine Liste der Partei gibt. In diese Richtung argumentiert auch Michael Wehner, Leiter der Freiburger Außenstelle der Landeszentrale für politische Bildung. Noch immer wehe der Wind in den Unistädten von links. Andererseits sei die Aktivität der Verbände vor Ort entscheidend, so Wehner. So ist in der Unistadt Heidelberg die AfD mit voller Listenstärke vertreten.
AfD übt sich im Spagat
Für den Politologen lohnt sich der Blick auf die politischen Ebenen: „Die Partei übt sich im Spagat. Im Land ist die AfD Fundamentalopposition, im Kommunalen will sie konstruktive Kraft sein.“ Letzteres allerdings nur bedingt, denn auch dort agiere sie immer wieder als ablehnende Kraft.
AfD möchte gerne gegen das Wahlrecht klagen
Auch minderjährige Kandidaten habe die AfD auf ihren Listen, so Sänze. Diese seien der Partei willkommen, aber nicht wegen jugendpolitischer Aspekte. „So können wir gegen das neue Kommunalgesetz klagen“, sagt Sänze, der das passive Wahlrecht für 16-Jährige moniert. Minderjährige Räte könnten keine Aufsichtsräte werden und seien als Räte in ihren Rechten eingeschränkt.
Interesse, Wahlen als manipuliert darzustellen
Dass die AfD Interesse an Klagen hat, vermuten Verwaltungsprofis auch bei der Kommunalwahl insgesamt. Zuletzt ist die Partei mit Anträgen vor Gerichten wegen vermeintlicher Ungleichbehandlung in den Kommunen aufgefallen, teilweise mit Erfolg. Dies sei eine Vorbereitung, um gegen Wahlen in Orten und Kreisen vorzugehen, mutmaßen Kommunalpolitiker des Landes. Das passe in die populistische Taktik, sagt Politologe Wehner, Wahlen als manipuliert darzustellen.
Der Einfluss der Großwetterlage
Einfluss auf die Kommunalwahlen dürfte auch dieses Jahr die politische Großwetterlage haben. So habe es 2019 Mitnahmeeffekte für die Grünen bei der Kommunalwahl gegeben, meint Wehner. Ob das diesmal für die AfD gilt? Hier stehen Umfragehochs für die Rechtspopulisten im Bund den Großdemonstrationen nach den Correctiv-Enthüllungen sowie den Skandalen um mutmaßlich käufliche Kandidaten und um die Spionage für China gegenüber.