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Kommunen und Landkreise gehen lieber selbst voran
Freiburg/Heilbronn. Wer beim Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald künftig einen Bauantrag stellt, der liest auf der Internetseite eine immer noch einigermaßen ungewöhnliche Überschrift: „Bauanträge ab 1. August 2023 nur noch online möglich.“ Ungewöhnlich ist der Satz deshalb, weil es durchaus nicht üblich ist, dass in einer deutschen Verwaltung etwas ausschließlich digital umgesetzt wird. Der Landkreis Breigau-Hochschwarzwald und mit ihm zwölf weitere Kreis im Bundesland haben mit dieser Vorgehensweise eigenen Angaben zufolge das digitale Antragsverfahren, wie es das Onlinezugangsgesetz vorsehe, „rasant überholt“.
Landrätin: Verwaltungsdigitalisierung bislang wenig erfolgreich
Das ist mit Blick auf eine Studie des Bundeswirtschaftsministeriums eher selten wahrzunehmen. Dort wird den Kommunen bescheinigt, Fortschritte gemacht zu haben in Sachen Digitalisierung. Eine zunehmende Anzahl von Kommunen hätten eigene Digitalisierungsstrategien entwickelt und die ersten Gemeinden diese auch schon vollständig umgesetzt. Letztere vermissen aber nicht selten Unterstützung. Landrätin Dorothea Störr-Ritter (CDU) sieht sich in ihrer Rolle als kommunale Vertreterin deswegen beinahe ein wenig gezwungen in Sachen Digitalisierung nach vorne zu gehen.
Denn: „Nachdem die Unterstützung der Politik nach wie vor viel zu zäh und ohne das eigentlich notwendige Tempo abläuft, greifen die Landkreise mehr und mehr zur Selbsthilfe“. Und spart nicht mit Kritik an den übergeordneten Ebenen: „Die interkommunale Zusammenarbeit bei diesem Projekt ist beispiellos und beweist einmal mehr, wie Bund und Land bei diesem in Deutschland bislang nur wenig erfolgreichen Projekt Verwaltungsdigitalisierung auf die Kompetenz der kommunalen Ebene angewiesen sind“. Schlau wäre es nun, so Störr-Ritter weiter, wenn Kommunen und Landkreise rechtzeitig in die politischen Entscheidungsprozesse einbezogen würden.
Das besondere an der digitalen Umsetzung der Verfahren im Bau- und Umweltbereich in diesem und anderen Landkreisen ist, dass sie künftig ohne Medienbruch auskommt. Das bedeutet, an keiner Stelle muss noch einmal etwas ausgedruckt werden oder in ein anderes Format überführt werden, um einen Antrag weiterbearbeiten zu können. Dass dieser Fortschritt für Baugenehmigungsverfahren, aber auch für immissionsschutzrechtliche Verfahren möglich ist, habe einen herausragenden Stellenwert, heißt es von Seiten des Landkreises. Solche Verfahren gehörten aufgrund der Vielzahl von beteiligten Fachbehörden zu den komplexesten Verwaltungsprozessen. Entwickelt wurde es im Landkreis in rekordverdächtiger Zeit innerhalb von sechs Monaten.
Ein digitales Verfahren, das eine große Menge an Personen erreicht, ist die An-, Um- und Abmeldung von Fahrzeugen. Auf digitaler Basis geht das nun im Stadt- und Landkreis Heilbronn. Das Verfahren hat den schillernden Namen „i-Kfz4“ und verspricht seit wenigen Tagen einen „vollständig automatisierten“ Prozess bei allen Verfahren rund um Fahrzeuge. Genutzt werden kann es von verschiedenen Gruppen: vom Bürger über Unternehmen und Gewerbetreibende bis hin zur öffentlichen Verwaltung selbst. Die Zulassung von Fahrzeugen sowie das Um- und Abmelden werden einfacher, effizienter und günstiger.
Personen muss sich digital identifizieren
Sie werden es aber vermutlich erst dann, wenn die Nutzer einige Vorarbeit geleistet haben. Zunächst muss man sich digital identifizieren – über einen Personalausweis, eine elektronische ID-Karte oder einen elektronischen Aufenthaltstitel. Wer sich identifiziert hat, erhält eine elektronische ID-Funktion mit sechsstelliger Zugangs-PIN. Dafür ist wiederum ein Smartphone notwendig, auf dem eine bestimmte Ausweis-App installiert ist. Alternativ kann ein Kartenlesegerät verwendet werden.
Bezahlt wird ebenfalls elektronisch über die Plattform eines kommerziellen Anbieters oder per Sofortüberweisung. Am Ende können Zulassungsbescheid und der vorläufige Zulassungsnachweis ausgedruckt werden. Denn: die kontrollierenden Behörden würden ein digitales Vorzeigen der Unterlagen nicht akzeptieren, was der Idee, tatsächlich digital zu werden, eigentlich widerspricht. Und zur Sicherheit kommen die offiziellen Unterlagen dann von der Behörde auch noch mal ausgedruckt per Post.
Jede fünfte Kommune hat keine Strategie
Mit einem Anteil von etwa 27 Prozent ist im Jahr 2022 der Umfang der Kommunen, die eine Digitalisierungsstrategie aufgelegt haben und diese umsetzen, zum ersten Mal auf mehr als ein Viertel gestiegen, lautet das Ergebnis der Studie „Kommunale Herausforderungen digital meistern“. Gleichzeitig hat jede fünfte Kommune in Deutschland noch keine entsprechende Strategie und plant auch nicht, eine solche in Angriff zu nehmen. Personelle Engpässe werden als häufigster Grund genannt. Mehr als die Hälfte der Kommunen wünscht sich von übergeordneten Behörden mehr Projektförderung und rund 84 Prozent überhaupt mehr Unterstützung bei der Umsetzung durch das Land, im Falles des Bundes sind es 71 Prozent.