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Gimpel(-Häher) sind nur vermeintlich einfältig
Ein Gimpel gilt vielen als Sinnbild der Einfalt, der Gimpelhäher zumindest taugt aber zum Vorbild. Tiere kooperieren nur, wenn sie unmittelbaren Nutzen daraus ziehen können, so die verbreitete Meinung. Doch der Gimpelhäher zeigt mit seinem Verhalten, dass die Natur vielschichtiger ist. Auch im Tierreich gibt es Formen der Fürsorge und sozialen Zusammenhalts, die praktiziert werden, obwohl sie erst später richtig Früchte tragen.
Fürsorgliche Berührungen spielen Schlüsselrolle für soziale Bindung
Wie kommen langfristige soziale Bindungen unter Tieren zustande und wie beeinflusst dies deren Bereitschaft zur Zusammenarbeit? Ein Erklärungsmodell dazu hat der Biologe Michael Griesser vom Exzellenzcluster „Kollektives Verhalten“ der Universität Konstanz zusammen mit einer britischen Kollegin entwickelt. Eine Schlüsselrolle kommt dabei der elterlichen, fürsorglichen Berührung zu.
„In der Forschung werden häufig sämtliche Formen von Zusammenarbeit in einen Topf geworfen, dabei handelt es sich um sehr unterschiedliche Verhaltensmuster“, sagt Griesser. „Am einen Ende der Skala gibt es spontane Formen von Kooperation, die einem sofortigen Nutzen der Beteiligten dienen, am anderen finden sich langfristige, enge soziale Formen von Zusammenarbeit.“
Forscher haben das Verhalten von Unglücks- und Gimpelhähern verglichen
Wie entstehen solche Bindungen? Durch einen Vergleich von Unglückshähern, die eher distanziert miteinander umgehen, und Gimpelhähern, die sich gegenseitig das Gefieder pflegen und das meiste gemeinsam machen, kamen sie dem auf die Spur. Berührungen sind unter Gimpelhähern gang und gäbe, und ihre Brutpflege intensiv. Dabei gibt es Hormonausschüttungen, die die Fürsorglichkeit stärken, eine Rückkopplungsschleife kommt in Gang.
Laut Griesser können die Tiere „später nicht nur im Rahmen der eigenen Herkunftsfamilie, sondern auch mit anderen erwachsenen Individuen besser soziale Kooperationen eingehen, in Partner- und Freundschaften und in der eigenen Elternschaft.“ Die Zusammenarbeit bringt Vorteile für alle: Die Tiere teilen einander Futterplätze mit, warnen sich vor Raubtieren und verteidigen sich gemeinsam gegen sie. Zusammenarbeit gibt es sogar bei der Partnersuche.