Gefährdet ein Gerichtsurteil die Notfallversorgung?
Stuttgart. Politiker und Verbände befürchten nach dem Urteil des Bundessozialgerichts eine Verschlechterung der ambulanten ärztlichen Notdienstversorgung. Laut dem Richterspruch vom Dienstag besteht für Poolärzte, die Notdienste von Vertragsärzten übernehmen, ab sofort eine abhängige Beschäftigung mit Sozialversicherungspflicht. Infolgedessen hat die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg angekündigt, dass ab Mittwoch Poolärzte keine Dienste mehr übernehmen können.
Sozialminister Manne Lucha (Grüne) reagierte enttäuscht auf das Urteil. Damit werde dem ärztlichen Bereitschaftsdienst in Baden-Württemberg in seiner jetzigen und gut funktionierenden Form die rechtliche Grundlage entzogen.
Verbände dringen auf gesetzliche Sonderregelung im Bundesrecht
Laut dem Landkreistag, dem Gemeindetag und der Krankenhausgesellschaft habe sich der kassenärztliche Notdienst in Notfallpraxen etabliert. Diese Praxen werden von der Kassenärztlichen Vereinigung betrieben. Rund 3000 Poolärzte übernehmen darin die Dienste, die bisher als selbstständig angesehen wurden. „Der überwiegende Teil der heutigen Poolärzte, die nicht selbst Vertragsärzte sind, wird nicht bereit sein, Notdienste in Form eines – nach dem jetzigen Urteil – abhängigen Beschäftigungsverhältnisses einzugehen“, so die Verbände.
Sie befürchten nun dauerhafte Einschränkungen bei den Öffnungszeiten der Notfallpraxen, Schließungen von Notfallpraxen und Reduzierungen beim ärztlichen Bereitschaftsfahrdienst. Infolgedessen würden noch mehr Bürger auf der Suche nach Hilfe die Notaufnahmen der Krankenhäuser in Anspruch nehmen.
Um die Folgen durch das Urteil abzumildern, bedarf es laut den Kommunalverbänden dringend einer gesetzlichen Sonderregelung im Bundesrecht.