Drama, Baby!

Architekten wissen: Die Bedeutung eines Vorhabens steigt mit seiner zeitlichen Dimension. Ein Bau, der nach einem Jahr fertig ist, erfreut den Bauherrn. Aber was ist mit dem breiten Publikum? Bevor das Projekt richtig ins   Bewusstsein dringt und die Phantasie erregen kann, ist es schon abgeschlossen. Wie langweilig … Wer weiß schon, von Experten abgesehen, dass in China ein 57-stöckiger Wolkenkratzer, 200 Meter hoch, in nur 19 Tagen errichtet wurde? Könnten Sie sagen, in welcher Stadt er steht? Eben!

Höchste Zeit, sich auf die große Epoche gotischer Baukunst zu besinnen. Geschwindigkeit? Fehlanzeige. Beispiele sind das Freiburger Münster und das in Ulm – rund 313 und 513 Jahre Bauzeit. Ergebnis: Jeder Baden-Württemberger kennt sie. Getoppt wird das freilich vom Kölner Dom. Den kennt wirklich jeder. Kein Wunder. Es brauchte 632 Jahre, bis er endlich fertig war. Was bei Kirchen recht ist, ist bei profanen Bauten billig. Wer beachtet schon einen Bahnhof? Alle, die dort ankommen, haben es eilig und möchten schnell wieder weg. Doch 30 Jahre Planungs- und Bauzeit und noch immer nicht fertig, wie in Stuttgart, das kann sich sehen lassen, ja das imponiert! Der Berliner Flughafen dagegen? Längst in Betrieb, nur 14 Jahre hat es bis dahin gedauert. Die hohe Kunst aber ist es, für Sanierung und Renovierung eine halbe Ewigkeit zu brauchen. Auch da ist die Landes- der Bundeshauptstadt absolut ebenbürtig, wenn es gut läuft. Während das Pergamonmuseum in Berlin schon 2037 saniert sein soll, wird in Stuttgart daran gewerkelt  … Aber unser Insiderwissen geben wir hier nicht preis. Das ist große Oper!