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Tierisches

Der Millimeterbär mit den Anti-Aging-Genen

Eine unverwüstliche Art, die sich selbst in einen Dornröschenschlaf versetzen und so die eigene Alterung aufhalten kann: Bärtierchen geben 250 Jahre nach Entdeckung noch immer Rätsel auf.

Ralph Schill mit einer vergrößerten Bärtierchen-Nachbildung.

Uni Stuttgart/Ralph O.Schill)

Der Dornröschenschlaf gehört zu den faszinierendsten Märchenelementen. Die schöne Königstochter schlummert 100 Jahre, wird dann wach geküsst – und ist keinen Tag gealtert.

Kein Märchen, sondern Realität ist eine ähnliche Eigenschaft bei pummelig und drolligen Kleinlebewesen, die auf besondere Weise unwirtlichen Umweltbedingungen trotzen: Bärtierchen können sich bestens an eisige Kälte und trockene Dürren anpassen. Sie halten bei solch extremen Temperaturen einfach ihre innere Uhr an und fallen in eine Art Dornröschenschlaf. In diesem Zustand altern sie nicht. „Diese Eigenschaft fasziniert mich besonders“, sagt der Stuttgarter Zoologe Ralph Schill.

Stuttgarter Zoologe erstellt erste wissenschaftliche Dokumentation seit 1936

Er erforscht bereits seit mehr als 20 Jahren die nur millimetergroßen Tierchen – und hat nun eine neue wissenschaftliche Dokumentation dazu erstellt. „Jetzt haben wir erstmals wieder seit fast 100 Jahren einen aktuellen Überblick über alle Bärtierchen in Deutschland“, sagt der Wissenschaftler, der am Institut für Biomaterialien und biomolekulare Systeme forscht. „Die bei uns gefundenen Arten machen etwa sieben Prozent der weltweit bekannten Arten aus“, so Schill. Er hat insgesamt 99 Arten von Bärtierchen in Deutschland aufgespürt, in der bisher einzigen wissenschaftliche Dokumentation von 1936 waren „nur“ 44 ermittelt worden.

Ernst Marcus hatte in der Reihe „Die Tierwelt Deutschlands“ eine Übersicht aller bis dahin in Deutschland bekannten Bärtierchenarten herausgegeben, die vor Schills Arbeit „erste und einzige Bärtierchen-Checkliste“, wie es in der Mitteilung der Universität Stuttgart heißt.

Ein Pastor gab 1773 den Tierchen ihren Namen

Vor rund einem Vierteljahrtausend gerieten die winzigen Tierchen erstmals in den Blick der Forschung – ebenfalls in Deutschland.

Die erste zoologische Aufzeichnung über das Bärtierchen stammt aus dem Jahr 1773, von einem Quedlinburger Pastor namens Johann August Ephraim Goeze. Dieser stieß in einem Teich hinter seiner Kirche auf winzige Lebewesen und beschrieb sie folgendermaßen: „Seltsam ist dieses Thierchen, weil der ganze Bau seines Körpers ausserordentlich und seltsam ist, und weil es in seiner äusserlichen Gestalt, dem ersten Anblicke nach, die größte Aehnlichkeit mit einem Bäre im Kleinen hat. Das hat mich auch bewogen, ihm den Namen des kleinen Wasserbärs zu geben.“ 

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