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Frank Mondring: „Wir behandeln unsere Bieter mit Respekt“
Pforzheim . Liefer- und Dienstleistungen, Bau- und Planungsleistungen, nationale und europaweite Vergaben sind das tägliche Brot von Frank Mondring. Der 64-jährige Architekt ist stellvertretender Leiter der zentralen Vergabestelle in Pforzheim. In wenigen Monaten wird er in den Ruhestand gehen. Damit ist klar: Mit Praktikern wie ihm geht wertvolles Vergabewissen verloren. Das Ausscheiden der Boomer-Generation trifft alle öffentlichen Behörden. So ganz loslassen will Mondring aber nicht: „Wenn ich gefragt werde, bei einer Vergabe so ein, zwei Tage die Woche zu beraten, dann werde ich sicherlich schwer nein sagen.“
Seine Leidenschaft für Beschaffungsprozesse zeichnete sich bereits früh ab. „Mein Architekturstudium an der Ruhr Universität Essen war sehr baubetriebswirtschaftlich orientiert“, sagt Mondring. Am Anfang seiner Karriere hat er Freizeitbäder geplant. Später betreute er in verschiedenen Architekturbüros in Karlsruhe die Ausschreibungen und war bauleitend aktiv. „2003 erhielt ich die Chance, im damaligen Hochbauamt in Pforzheim die Vergabeverfahren zu begleiten“, sagt er. Die Planertätigkeit aufzugeben, hat er nie bereut.
Bis heute gibt es keine spezielle Ausbildung im Vergaberecht
Eine spezielle Ausbildung im Vergaberecht hat Mondring nicht. „Man rutscht da so rein“, sagt er. Bis heute gebe es dafür ja keine Ausbildung. Ein Thema, um das sich die Hochschulen mehr kümmern müssten, findet er. Wie nötig dies wäre, erfährt er immer wieder im Alltag. Ein Architekt habe ihn nach dem Unterschied zwischen einem „offenen Verfahren“ und einer „öffentlichen Ausschreibung“ gefragt, erzählt Mondring. „Da bin ich fast vom Stuhl gefallen, das gehört schließlich zum Grundwissen.“
Freilich ist die rasante Entwicklung im Vergaberecht auch für die sieben Mitarbeiter der zentralen Vergabestelle eine Herausforderung. „Wir sind sehr stark dabei, uns immer wieder fortzubilden“, erzählt Mondring. Dabei sei es im Baubereich nicht zwingend komplexer geworden, winkt er ab. Die EU-Vorschriften würden hier nicht so sehr von der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen abweichen. Im Liefer- und Dienstleistungsbereich dagegen schon. „Wenn man die Auftragsvergabe allerdings konsequent strukturiert durchführt, dann können einen die EU-Vorgaben nicht ‚schockieren‘.“
„Wenn wir eine Absage an Bieter verschicken, begründen wir diese“
Dabei sind EU-Verfahren in Pforzheim keine Seltenheit. Und wie bei den meisten Auftraggebern schwingt da immer auch die Furcht mit, dass ein Bieter den Zuschlag anfechten könnte und ein Nachprüfungsverfahren beantragt. „Hier darf ich uns ruhig mal auf die eigene Schulter klopfen. Wir hatten im letzten Jahr ein einziges Verfahren im Liefer- und Dienstleistungsbereich, die Jahre davor gar nichts“, sagt Mondring. „Wir behandeln unsere Bieter allerdings auch mit Respekt. Wenn wir eine Absage an unterlegene Bieter verschicken, dann begründen wir dies ausführlich. Das macht viel aus.“
Mit seiner zentralen Vergabestelle gehörte Pforzheim im Jahr 2014 bundesweit zu den Vorreitern. Mondring war daran beteiligt. „Wir haben sie zusammen mit dem Rechnungsprüfungsamt 2005 zunächst nur für den Baubereich eingeführt. Die Maßgabe war, eine einheitliche Verfahrenssoftware für alle Fachämter aufzustellen.“ Heute werden zusätzlich auch alle Verfahren im Liefer- und Dienstleistungsbereich zentral abgewickelt. Auch für die Eigenbetriebe oder die Stadtwerke.
Vergaberechtliche Leistungen zu bündeln, bietet Vorteile
Gegen die Zentralisierung gab es anfangs Skepsis, räumt Mondring ein. „Wir hatten in den Baufachämtern eine sehr gut funktionierende Beschaffung. Und in den Fachämtern gab es Vorbehalte, dass man künftig sogar mehr zu tun hätte“, erzählt Mondring. Dem war aber nicht so. „Die Fachämter mussten für ihre Ausschreibung lediglich ein paar Anlagen rüberschicken“, erzählt er. Die zentrale Vergabestelle übernahm dann alles Weitere. So brauchten sich die Fachämter weder mit Formularen noch mit den Bietern beschäftigen. „Sie kamen erst wieder zum Zuge, wenn es um die fachliche und technische Prüfung ging. Intern haben wir sogar auch die Preisprüfung übernommen. Es hat sich schnell gezeigt, dass es ein großer Vorteil ist, vergaberechtliche Leistungen zu bündeln“, sagt Mondring. Die Fachämter wurden so entlastet.
Zwei Fragen an den Vergabepraktiker Frank Mondring
Staatsanzeiger: Sie haben einen Bieter , der sich bewährt hat und müssen trotzdem ausschreiben. Was machen Sie?
Frank Mondring: Diese Frage kommt nicht nur aus den Fachämtern, sondern auch des Öfteren aus dem Gemeinderat: Die Firma zahlt hier Steuern und darf hier nicht bei uns arbeiten? Als zentrale Vergabestelle schreiben wir grundsätzlich aus. Wir richten uns nach dem Wettbewerbsgrundsatz im Paragraf 97 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und nach dem Haushaltsrecht.
Oft heißt es, der Billigste gewinnt im mer . Stimmt das?
Bei Bauleistungen spielt der Preis eine wichtige Rolle. Wir achten aber darauf, dass Billigstangebote nicht zum Zuge kommen. Bei uns erhält das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag. Was viele vergessen, ist, wir verlangen im Baubereich Referenzen, und wenn die nicht in Ordnung sind, dann kriegt mitunter der Günstigste eben nicht den Auftrag. Wenn wir das Gefühl haben, dass es sich um ein Dumpingangebot handeln könnte, versuchen wir, die Ursache aufzuklären. Und da kommt es vor, dass Bieter manchmal fehlkalkulierte Angebote einreichen. Der Bieter muss dann erkennen, da sind wir wohl zu niedrig rangegangen. Mitunter liegen aber auch die Kostenschätzungen der Architekten- und Ingenieurbüros zu niedrig oder zu hoch. Es gehört zu unseren Vorgaben, kein Angebot auszuschließen oder eine Ausschreibung aufzuheben, wenn ich nicht vorher zumindest mal analysiert habe, woran es denn lag.
Das Gespräch führte Wolfgang Leja.