Wenn Private für die öffentliche Hand einkaufen
Nürnberg . Privatpersonen sind üblicherweise nicht an das Vergaberecht gebunden, da sie keine öffentlichen Auftraggeber sind. Wenn jedoch ein Privater ausdrücklich im Namen eines öffentlichen Auftraggebers handelt, ist die Vergabesituation klar: Er agiert als unmittelbarer Stellvertreter gemäß Paragraf 164 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und muss daher die Vergaberegeln beachten, die für den vertretenen öffentlichen Auftraggeber gelten. Dies führt zu einer Zurechnung seiner Beschaffungstätigkeit an den öffentlichen Auftraggeber gemäß deutschem Zivilrecht.
Beschaffung wird dem öffentlichen Auftraggeber zugeordnet
In Fällen aber, in denen keine offensichtliche Stellvertretung vorliegt, sondern jemand im eigenen Namen, aber im Interesse und für Rechnung eines anderen (des sogenannten Geschäftsherren) handelt, liegt eine mittelbare Stellvertretung vor. Sie wird häufig auch als indirekte oder verdeckte Stellvertretung bezeichnet.
Der mittelbare Stellvertreter wird zwar im Außenverhältnis als alleiniger Vertragspartner betrachtet, jedoch wird die Beschaffung nach der Rechtsprechung (Vergabekammer Brandenburg, Beschluss vom 18. Oktober 2010 – VK 55/10) dem öffentlichen Auftraggeber zugeordnet, den er indirekt vertritt. Die Zuordnung der Auftragsvergabe erfolgt auch bei einer mittelbaren Stellvertretung zugunsten des eigentlichen öffentlichen Auftraggebers. Obwohl der mittelbare Stellvertreter nicht selbst zum öffentlichen Auftraggeber wird, ist er dennoch an die Vergabevorschriften des von ihm vertretenen Geschäftsherren gebunden. Diese Vorgehensweise ist vergaberechtlich plausibel, da das EU-Vergaberecht die Feinheiten des deutschen Zivilrechts nicht berücksichtigt und eine funktionale Betrachtungsweise bevorzugt.
In solchen beschaffungsrelevanten Situationen wird somit nicht der„zwischengeschaltete“ Private, sondern der tatsächliche öffentliche Auftraggeber als Adressat des Vergaberechts betrachtet. Dies ist erforderlich, um eine Umgehung der geltenden Vergabevorschriften zu verhindern. Andernfalls könnte sich ein öffentlicher Auftraggeber nach Ansicht der Vergabekammer Bund seiner vergaberechtlichen Pflichten entziehen, indem er die Beschaffungstätigkeit einfach auf einen Privaten überträgt.
Mittelbare Stellvertretung muss individuell geprüft werden
Das Problem: Die Frage, ob der mittelbare Stellvertreter ausschließlich, primär oder überwiegend im Interesse des vertretenen öffentlichen Auftraggebers handeln muss, ist noch nicht abschließend von der Rechtsprechung geklärt. Es wurden bislang verschiedene Fälle behandelt, die unterschiedliche Ergebnisse erbracht haben.
Ein Beispiel dafür ist die Beschaffung von Echoloten für das Forschungsschiff Meteor der Bundesrepublik Deutschland durch einen privaten Reeder. Die Beschaffung erfolgte ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke, was im alleinigen Interesse des Schiffseigners, der Bundesrepublik Deutschland, lag. Der Reeder erhielt zudem die finanziellen Mittel zum Selbstkostenpreis erstattet, was darauf hinwies, dass er als mittelbarer Stellvertreter im Interesse und auf Rechnung Deutschlands handelte (Vergabekammer Bund, Beschluss vom 8. Juni 2006 – VK 2-114/06).
In einem weiteren Fall wurde entschieden, dass keine mittelbare Stellvertretung vorliegt, wenn ein Privater nicht ausschließlich wegen seiner Fachkenntnisse und ohne jegliches unternehmerisches Eigeninteresse an der Leistung von einem öffentlichen Auftraggeber ausgewählt wurde, um eine Beschaffung durchzuführen (Vergabekammer Brandenburg, Beschluss vom 11. März 2009 – VK 7/09). Diese Fälle zeigen, dass die vergaberechtliche Beurteilung von mittelbaren Stellvertretungen von den konkreten Umständen abhängt und eine individuelle Prüfung erfordert.
In fremdem Namen
Was es für öffentliche Auftraggeber heißt, wenn Stellvertreter in fremdem Namen für sie handeln, definiert Paragraf 164 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach wirkt eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, „unmittelbar für und gegen den Vertretenen“. Dabei macht der Gesetzgeber keinen Unterschied, „ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll“.