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Expertenbeitrag: Geheimwettbewerb

Mehrfach-Einsatz von Nachunternehmer von verschiedenen Bietern ist zulässig

Öffentliche Aufträge werden im Geheimwettbewerb vergeben. So soll vermieden werden, dass ein Bieter sein Angebot an Angebotsinhalten eines Wettbewerbers ausrichten kann. Was aber gilt, wenn mehrere Wettbewerber Leistungen durch den gleichen Nachunternehmer ausführen lassen wollen?

Wie Läuferinnen in der Leichtathletik stehen auch Bieter bei öffentlichen Auftragsvergaben miteinander im Wettbewerb. Um diesen zu gewährleisten, müssen die Inhalte der Angebote geheim bleiben.

Imgago/PantherMedia/Martin Schlecht)

Köln . Bieter müssen ihr Angebot in Unkenntnis der Angebote, Angebotsgrundlagen und Angebotskalkulationen ihrer Mitbewerber abgeben. Andernfalls sieht das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Paragraf 124 Absatz 1 Nr. 4 GWB) den Ausschluss des Bieters vor. Hierfür reicht es meistens schon aus, dass ein Angebot nachweislich in Kenntnis der Bedingungen der Konkurrenz erstellt wird. Was aber gilt, wenn mehrere Wettbewerber weite Leistungsbereiche durch den gleichen Nachunternehmer ausführen lassen wollen?

Grundsätzlich besteht hier die Gefahr einer Verletzung des Geheimwettbewerbs. Denn die Kenntnis von Angebotsinhalten eines Konkurrenten kann auch durch Unterauftragnehmer vermittelt werden. Zwingend ist ein Verstoß gegen den Geheimwettbewerb jedoch bei „Mehrfach-Nachunternehmern“ nicht. Das zeigt eine Entscheidung der Vergabekammer des Bundes (VK Bund). Mit Beschluss vom 10. November 2023 (VK 1-63/23) entschied die Kammer, dass keine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung vorliegt, wenn ein Unternehmen nicht selbst als Bieter an einer öffentlichen Ausschreibung teilnimmt, sondern an den Angeboten mehrerer Bieter als Nachunternehmer beteiligt ist.

Mehrere Unternehmen wollten die Firma N als Nachunternehmer

In dem Fall wollte der Auftraggeber eine Rahmenvereinbarung über Dienstleistungen zur Entwicklung einer Software im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vergeben. Dabei stellte der Auftraggeber fest, dass mehrere Unternehmen die Firma N als Nachunternehmer beziehungsweise als Eignungsverleiher einsetzen wollten. Der Auftraggeber bat die betreffenden Bewerber darzulegen, wie der Geheimwettbewerb sichergestellt werden solle.

Die spätere Antragstellerin legte daraufhin eine Geheimhaltungsvereinbarung vor, die sie mit Firma N geschlossen hatte. Diese sah vor, dass organisatorische und technische Vorkehrungen zu treffen waren, um eine Gefährdung des Geheimwettbewerbs wirksam auszuschließen. Die übrigen Bewerber hatten ebenfalls entsprechende Vereinbarungen mit Firma N geschlossen.

Auftraggeber fordert Austausch des Unterauftragnehmers

Nach Abgabe der Angebote teilte der Auftraggeber den Bietern mit, dass er „schwerwiegende Anhaltspunkte“ dafür hätte, dass die zugesicherten Maßnahmen zur Sicherstellung des Geheimwettbewerbs nicht „in allen Fällen beachtet wurden und werden“. Er kündigte an, dass ein Austausch der Firma N oder ein Ausschluss des betreffenden Bieters notwendig werden könne. Der Auftraggeber forderte die Antragstellerin schließlich auf, die Firma N durch einen anderen Nachunternehmer zu ersetzen. Dem kam die Antragstellerin nicht nach.

Der Auftraggeber schloss sie daraufhin vom weiteren Vergabeverfahren aus. Gegen ihren Ausschluss wandte sich die Antragstellerin mit einem Nachprüfungsantrag. Mit Erfolg. Der Ausschluss der Antragstellerin mangels Eignung, da sie die Firma N nicht ersetzt habe, sei rechtswidrig, entschied die Kammer. Die Firma N erfülle keine Ausschlussgründe und dürfe auch weiterhin von der Antragstellerin als Eignungsverleiher und Nachunternehmer eingesetzt werden. Ein Ausschluss scheitere daran, dass keine Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen mehrerer Unternehmen vorlägen. Hier gehe es allein um das Verhalten der N, die an mehreren Angeboten als Nachunternehmer und/oder Eignungsverleiher beteiligt sei.

Kammer: Nachunternehmen hat keinen Einfluss auf die Angebote

Vereinbarungen oder abgestimmte Verhaltensweisen im Sinne des Paragrafen 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB lägen nur dann vor, wenn hieran mindestens zwei verschiedene Wirtschaftsteilnehmer beteiligt sind. Dass die betreffenden Bieter ihre Angebotsinhalte untereinander abgestimmt hätten, behaupte der Auftraggeber jedoch nicht. Das sei auch nicht ersichtlich.

Die Firma N stelle zwar den Bietern eine Vorleistung bereit und führe teilweise die vertraglichen Leistungen für die Bieter aus. Hierüber hinaus habe sie jedoch keinen Einfluss auf die Angebote. Die Bieter müssten zwar in ihrem Angebotspreis die Konditionen der N berücksichtigen. Inwieweit sie dies täten, bleibe ihnen jedoch überlassen. Letztlich blieben die Bieter eigenständige und von N unabhängige Unternehmen. Da N sich hier nicht selbst mit einem Angebot beteiligt habe, sei der Mehrfach-Einsatz der N als Nachunternehmer unbedenklich.

Oliver Hattig , Hattig und Dr. Leupolt Rechtsanwälte, Köln

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