Kein Ausschluss wegen Vertragsverstößen
Berlin . Öffentliche Auftraggeber können ein Unternehmen bei Vorliegen eines fakultativen Ausschlussgrunds „zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens“ ausschließen. Etwa wenn es gegen vertragliche Vorgaben und Normen verstößt. Vertragsverletzungen gelten als schwere Verfehlung, wenn sie so gravierend sind, dass der öffentliche Auftraggeber an der Integrität des Unternehmens zweifeln darf. Doch nicht jede Vertragsverletzung eines Bieters ist eine schwere Verfehlung, die den Ausschluss des Angebots erlaubt.
Das zeigt eine Entscheidung des Vergabesenats des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG, 29. Mai 2024, Verg 17/23). Der Fall betraf die Ausschreibung eines Lieferauftrags für Catering im offenen Verfahren. Wie die Kanzlei Heuking in Berlin mitteilt, gelte es, bei Verfehlungen einen Vertrauensgrundsatz zu berücksichtigen.
Danach könne der öffentliche Auftraggeber grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Bieter seine vertraglichen Zusagen einhalte. Nur bei konkreten Zweifeln an der Leistungsbereitschaft oder -fähigkeit müsse er zusätzliche Informationen einholen, um die Erfüllbarkeit des Leistungsversprechens zu prüfen. Bei der Überprüfung des Leistungsversprechens ist der Auftraggeber in der Wahl seiner Mittel grundsätzlich frei. Die Prüfung basiert auf einer Prognose.
Laut den Richtern sind „schwere Verfehlungen“ erhebliche Rechtsverstöße, die geeignet sind, die Zuverlässigkeit eines Bewerbers grundlegend infrage zu stellen. Sie müssten nachweislich und schuldhaft begangen worden sein und erhebliche Auswirkungen haben. Doch nicht in jeder nicht ordnungsgemäßen, ungenauen oder mangelhaften Erfüllung eines Vertrags liege eine schwere Verfehlung, so die Richter.