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Schramberg

Jurist macht Gemeinderäte fit im Vergaberecht

Das Vergaberecht gilt als schwieriges Terrain. Gerade für Gemeinderäte. Sie müssen sich immer wieder mit Ausschreibungen in ihrer Kommune auseinandersetzen. So wie in Schramberg. Dort hat die Verwaltung einen Juristen eingeladen, um den Kommunalpolitikern ein besseres Verständnis für die rechtlichen Rahmenbedingungen und Verfahren bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu vermitteln.

Bei der öffentlichen Auftragsvergabe holen immer mehr Kommunen externen juristischen Rat ein. Eine Fragestude zum Thema hat Schramberg für seinen Gemeinderat organisiert.

M. Herrgoss)

Schramberg . Wie alle Gemeinden macht man auch in Schramberg (Landkreis Rottweil) so seine Erfahrungen mit Ausschreibungen – nicht immer nur gute. So sind etwa bei einem Kindergarten die Fenster an einen Bieter vergeben worden, der zwar das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hatte, dann aber schlechte Qualität lieferte und insolvent ging. Das berichtet die Neue Rottweiler Zeitung.

Vorfälle dieser Art werfen gerade bei Gemeinderäten viele Fragen zum Vergaberecht auf. Zumal der Auftrag im Falle von Schramberg nicht nur zu einem Zeitverlust von einem Jahr geführt hatte, sondern auch zu Mehrkosten in Höhe von 450 000 Euro, wie die Zeitung berichtet.

Schramberg plant einige komplexe Bau- und Sanierungsprojekte

„Das Vergaberecht ist sehr komplex. Für einen Gemeinderat ist es zuweilen schwierig, zu verstehen, wie es funktioniert“, sagt die Oberbürgermeisterin von Schramberg, Dorothee Eisenlohr (parteilos) . In der 20 000-Einwohner-Kommune beschloss man daher, einen Vergabeexperten einzuladen.

„Der Wunsch dafür kam aus dem Gemeinderat selbst“, erzählt Eisenlohr. Zumal die Gemeinde vor einigen großen und komplexen Bau- und Sanierungsprojekten steht. So hatte die Verwaltung den Freiburger Rechtsanwalt Alexander Wichmann, Professor für Wirtschafts- und Vertriebsrecht an der Hochschule Aschaffenburg, für eine Einführung ins Vergaberecht eingeladen.

Wichmann warb bei den Räten für einen „fairen und transparenten Wettbewerb“, der dafür sorgen soll, dass die Verwaltung „sorgfältig mit Steuergeldern umgeht“ und ein „königliches Hoflieferantentum“ vermeiden soll. Zudem dürften örtliche Anbieter bei Auftragsvergaben nicht bevorzugt werden. „Es ist nichts Neues, dass Gemeinderäten oft das Verständnis dafür fehlt, weshalb man nicht den Schreiner vor Ort beauftragen kann, der dort seine Steuern zahlt“, sagt Wichmann.

Der Jurist warnte auch vor den Fallstricken für Kommunen. „Das Thema Zuwendungen hat gerade in den letzten Jahren eine größere Bedeutung erlangt, da viele Projekte nur noch mit Fördermitteln umgesetzt werden können“, sagte er. In diesen Fällen werde sorgfältig geprüft, ob eine Ausschreibung ordentlich gelaufen sei. Seien Fehler gemacht worden, dann drohe die Rückforderung der Fördermittel.

„Das Ziel des Vergaberechts ist es, im Wettbewerb den wirtschaftlichsten Bieter zu finden und sparsam und effizient mit öffentlichen Geldern umzugehen“, rechtfertigt Oberbürgermeisterin Eisenlohr die Vorgaben. Doch der Gemeinderat empfinde die Verfahren manchmal als Bremser, „insbesondere wenn wir europaweit ausschreiben müssen“. Dann werde „auch immer gefragt, wie viele Bieter sich von außerhalb Deutschlands tatsächlich auf die Ausschreibung beworben haben“, erzählt sie. „Die Antwort ist dann bei uns in der Regel: keiner. Trotzdem müssen wir ab einem gewissen Schwellenwert europaweit ausschreiben.“

Eisenlohr wertet den knapp 50-minütigen Vortrag mit Fragen der Räte als „sehr informativ“. „Gleichzeitig muss man sagen, dass eine solche Informationsveranstaltung eine Einzelfallbegutachtung im konkreten Fall nicht ersetzen wird, insbesondere bei komplexen Sanierungsvorhaben“, sagt die Rathauschefin.

Bei den großen Bauvorhaben, die Schramberg angehen will, rechnet Eisenlohr damit, dass auch ihre zentrale Vergabestelle externen juristisch Rat einholen muss. „Da werden wir um Rechtsgutachten zu einzelnen Vergaben nicht herumkommen“, sagt sie. „Insbesondere dann, wenn Fördermittel involviert sind.“

Schramberg hat vor einigen Jahren eine zentrale Vergabestelle eingerichtet, erzählt die Oberbürgermeisterin. Dieser Schritt sei auch vom eigenen Rechnungsprüfungsamt unterstützt worden. „Die zentrale Vergabestelle gibt uns mehr Sicherheit, dass Aufträge rechtskonform abgewickelt werden“, erzählt sie.

Vergaberecht blickt auf rund 100 Jahre zurück

„Es kommt nicht sehr häufig vor, dass mich eine Kommune direkt anfragt, um dann in einer öffentlichen Sitzung über das Vergaberecht zu berichten“, sagt Wichmann. Er hat dafür jedoch Verständnis. Der Jurist nutzte den Abend auch, um ein Statement zu setzen: „In dem Kontext war es mir sehr wichtig, deutlich zu machen, dass das Vergaberecht keine Erfindung der Europäischen Union ist, sondern dass wir es bereits seit rund 100 Jahren in Deutschland anwenden.“

Eine Schulung bietet mehrere Vorteile

Gemeinderäte können durch Schulungen ein besseres Verständnis für die rechtlichen Rahmenbedingungen und Verfahren bei der Vergabe öffentlicher Aufträge entwickeln. So können sie dazu beitragen, dass Vergabeverfahren in ihrer Kommune rechtskonform durchgeführt werden, was das Risiko von Fehlern und möglichen rechtlichen Konsequenzen reduziert. Ein besseres Verständnis kann zu effizienteren und fundierteren Entscheidungen im Gemeinderat führen, was wiederum die Verwaltungsabläufe beschleunigen kann.

Prof. Dr. Alexander Wichmann Wurster Weiß Kupfer Rechtsanwälte Partnerschaft mbB 79098 Freiburg

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