Expertenbeitrag: Verhandlungsverfahren

Die Absage des Termins kann zum Ausschluss führen

Im Verhandlungsverfahren wendet sich der öffentliche Auftraggeber an ausgewählte Unternehmen, um über die Angebote zu verhandeln. Doch was geschieht, wenn ein Bieter an einem angesetzten Verhandlungstermin nicht teilnimmt? Von Holger Schröder, Fachanwalt für Vergaberecht, Partner Rödl & Partner, Nürnberg

Holger Schröder, Fachanwalt für Vergaberecht, Partner Rödl & Partner, Nürnberg.

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Für das Verhandlungsverfahren kann sich der öffentliche Auftraggeber an ausgewählte Unternehmen wenden.

NÜRNBERG . Im Gegensatz zum offenen und nicht offenen Ausschreibungsverfahren können Auftraggeber im Verhandlungsverfahren mit den Bietern über Vertragsinhalte und Preise verhandeln. Ziel ist es, die Angebote dabei so zu verbessern, dass der öffentliche Auftraggeber genau die Liefer- und Dienstleistungen beschaffen kann, die auf seinen konkreten Bedarf zugeschnitten sind. Dies ist besonders bei komplexen Aufträgen möglich oder wenn sich der genaue Leistungsumfang nicht genau unter Verweis auf Normen oder technische Spezifikationen definieren lässt.

Erstangebot muss vorliegen

Für das Verhandlungsverfahren kann sich der öffentliche Auftraggeber mit oder ohne Teilnahmewettbewerb an ausgewählte Unternehmen wenden. Er lädt dann mindestens drei Unternehmen zur Angebotsabgabe ein. Die ausgewählten Unternehmen können dann ihre ersten Angebote einreichen und werden daraufhin zur Verhandlung aufgefordert. Im Unterschied zum wettbewerblichen Dialog müssen die Gespräche im Verhandlungsverfahren also grundsätzlich auf Basis eines eingereichten Erstangebots stattfinden. Erst nach Abschluss der Verhandlungen reichen die Bieter ihre endgültigen Angebote ein.

Auch über Preis oder Kosten darf verhandelt werden

Die Verhandlungsthemen können die Qualität, den Lieferumfang, Geschäftsklauseln sowie soziale und umweltbezogene Aspekte umfassen, sofern diese nicht Mindestanforderungen oder Zuschlagskriterien berühren. Auch über Preis oder Kosten darf verhandelt werden. Dies erlaubt Paragraf 17 Absatz 10 der Vergabeverordnung (VgV). Gemäß Paragraf 17 Absatz 13 Satz 1 VgV muss der öffentliche Auftraggeber bei den Verhandlungen alle Bieter gleich behandeln.

Die VgV gibt jedoch keine spezifischen Regeln für die Ausgestaltung von Verhandlungsterminen vor. Als Herr des Verfahrens bestimmt der öffentliche Auftraggeber den Ablauf eines Verhandlungstermins, unter Beachtung der Vergabegrundsätze, insbesondere der Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit. Dazu zählen die Festlegung der Bieterreihenfolge, der zeitlichen Dauer, der Tagesordnung, des Orts (präsent, virtuell oder hybrid) und insbesondere des Datums der Verhandlungen.

Wenn die Verhandlungen mit den Bietern über mehrere Tage stattfinden, ist es ratsam, die Einladungen zu den Gesprächen zeitlich gestaffelt zu versenden. Dadurch wird allen Bietern die gleiche Vorbereitungszeit gewährt. Es dürfte auch keine Verletzung des Vergaberechts darstellen, wenn einem Bieterwunsch nach virtuellen Verhandlungen anstelle von persönlichen Verhandlungen entsprochen wird. Die Dokumentation des Verhandlungstermins durch den Auftraggeber sollte selbstverständlich sein, wie es Paragraf 8 Absatz 1 Satz 2 VgV vorsieht.

Die Vergabekammer Südbayern hat in ihrem Beschluss vom 9. September 2014 (Aktenzeichen: Z3-3-3194-1-35-08/14) klargestellt, dass Bieter nicht nach eigenem Ermessen über ihre Teilnahme an Terminen im Verhandlungsverfahren entscheiden können. Wenn ein Bieter einen vom öffentlichen Auftraggeber festgelegten Termin nicht wahrnehmen kann, muss er entweder um einen alternativen Termin bitten oder die Terminsetzung rügen und gegebenenfalls eine Nachprüfung beantragen, sofern der anberaumte Verhandlungstermin vergaberechtswidrig ist.

Bieter muss einen Termin rügen, um nicht ausgeschlossen zu werden

In dem von der südbayerischen Vergabekammer behandelten Fall wurde einem Unternehmer lediglich einen Tag vor dem Verhandlungstermin eine Einladung zugesandt, was unverhältnismäßig kurz ist. Lehnt ein Bieter eigenmächtig und ohne formelle Rüge die Teilnahme an einem festgelegten Verhandlungstermin ab, führt dies zu seinem Ausscheiden aus dem Verhandlungsverfahren.

Des Weiteren hat das Oberlandesgericht München in einem Beschluss vom 20. März 2013 (Aktenzeichen: Verg 5/13) festgestellt, dass erst recht kein Zweifel am Rückzug eines Bieters aus dem Verhandlungsverfahren besteht, wenn dieser dem öffentlichen Auftraggeber explizit mitteilt, dass er an einem festgelegten Verhandlungstermin nicht teilnehmen wird. Ein solcher Bieter hat dann die gleiche Stellung wie jemand, der sich von vornherein nicht beworben hat, und verliert das Recht, ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten.

Angebote verhandeln

Der öffentliche Auftraggeber verhandelt mit den Bietern über die von ihnen eingereichten Erstangebote und alle Folgeangebote, mit Ausnahme der endgültigen Angebote, mit dem Ziel, die Angebote inhaltlich zu verbessern. Das regelt Paragraf 17 Absatz 10 der Vergabeverordnung. Dabei darf über den gesamten Angebotsinhalt verhandelt werden mit Ausnahme der vom öffentlichen Auftraggeber in den Vergabeunterlagen festgelegten Mindestanforderungen (wie etwa Mitarbeiterzahl und Umsatzhöhe) und Zuschlagskriterien.

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