Das Land will mehr Aufträge an Start-ups vergeben
Stuttgart . Start-ups kommen bei öffentlichen Ausschreibungen selten zum Zug. Das hat Gründe: Der Aufwand, den die in der Regel kleinen Firmen betreiben müssen, um von den Beschaffungsstellen wahrgenommen zu werden, ist groß. Zudem könne sie bei den Eignungskriterien nicht mithalten. Vorgaben zu Umsatzzahlen, Referenzen und Beschäftigtenzahl sind für sie oft unerfüllbar.
Das Wirtschaftsministerium will ihre Chancen verbessern. „Wir haben ein Pilotprojekt initiiert, um Start-ups mit ihren innovativen Angeboten im öffentlichen Auftragswesen künftig deutlich stärker als bisher zu berücksichtigen und ihre Kompetenzen für öffentliche Aufträge zu mobilisieren“, erklärt Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU).
Bei der Überarbeitung der „Verwaltungsvorschrift der Landesregierung über die Vergabe öffentlicher Aufträge“ (VwV Beschaffung) hat das Ministerium einige Erleichterungen für die Teilnahme von Start-ups bei der Vergabe von Lieferungen und Dienstleistungen geschaffen.
Liefer- und Dienstleistungen direkt an Start-ups vergeben
Start-ups sind – sofern in der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) nicht abweichend geregelt – junge innovative Unternehmen mit Wachstumsambitionen. Das ist in Nummer 4.2 der ab 1. Oktober 2024 geltenden VwV Beschaffung geregelt. „Startups zeichnen sich durch ein innovatives Geschäftsmodell, ein innovatives Produkt oder eine innovative Dienstleistung aus. Außerdem haben sie Skalierungspotenzial, das heißt das Potenzial zu wachsen und sich zu entwickeln“, so das Ministerium.
Kern der Idee: Die Behörden und Dienststellen des Landes sollen Liefer- und Dienstleistungen künftig ohne ein Vergabeverfahren an Start-ups direkt vergeben können, sofern der Auftragswert unterhalb des jeweiligen Schwellenwerts gemäß Paragraf 106 Absatz 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen liegt.
Wie die Direktvergabe in der Praxis funktioniert, erklärt das Ministerium so: Bei der Direktbeauftragung von Start-ups sind die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. So müssen sich die öffentlichen Auftraggeber am Markt über das in Betracht kommende Waren- und Dienstleistungsangebot informieren und auf dieser Grundlage einen Auftrag erteilen. Dabei ist es nicht erforderlich, den oder die in Betracht kommenden Leistungsanbieter zur Abgabe von Angeboten aufzufordern. Vielmehr sollte die Vergabestelle ausreichend auf allgemeine Leistungsangebote am Markt eingehen.
Eine Markterkundung empfiehlt das Ministerium grundsätzlich: „Im Vorfeld der Beschaffung sollen Marktrecherchen und Preisvergleiche durchgeführt werden.“ Das könne zum Beispiel im Internet, über Angebote aus Prospekten und Katalogen, Telefonauskünfte, formlose E-Mail-Anfragen erfolgen. Auf diese Weise könnten Behörden und Dienststellen prüfen, was ein marktgerechter Preis für die zu beschaffende Leistung ist. So könne die Beschaffung zu möglichst wirtschaftlichen Konditionen – im Sinne eines möglichst guten Preis-Leistungs-Verhältnisses – erfolgen. Das Ministerium empfiehlt dabei, die Angebote von drei Anbietern zu vergleichen.
Die Direktbeauftragung ist überdies gut zu dokumentieren. Im Ministerium geht man nicht davon aus, dass sich der Aufwand für die öffentlichen Auftraggeber erhöht. Im Gegenteil: „Da die Beauftragung von Start-ups ohne Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens möglich ist – das heißt es müssen weder Fristen festgelegt noch Vergabeunterlagen oder eine Leistungsbeschreibung erstellt werden – führt dies zu weniger Aufwand für die öffentlichen Auftraggeber“, so das Ministerium.
Beschränkte Ausschreibung und Verhandlungsvergabe
Um Start-ups zu unterstützen, können die Landesbehörden zudem eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb und eine Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb in Betracht ziehen. Bei diesen förmlichen Vergabeverfahren haben öffentliche Auftraggeber im Vorfeld zu prüfen, ob die Beauftragung von Start-ups mit der vertragsgemäßen Ausführung der Leistungen zu vereinbaren ist. Das umfasst etwa den Umfang und die Komplexität des Auftrags. Ist die Prüfung positiv, sind Start-ups in angemessenem Umfang zur Abgabe eines Angebots aufzufordern.
Das Pilotprojekt „innovationsfreundliche Vergaben an Start-ups“ ist zunächst auf drei Jahre befristet. Ende 2026 soll es evaluiert werden. Bis dahin will das Ministerium Erfahrungen sammeln, um die Erleichterungen für Start-ups bei einer eventuellen Fortführung anzupassen.