„Das hat nichts mit Mauschelei zu tun“
Stuttgart . Alteingesessene Bad Uracher kennen das Büro als „Wasser-Fritz“. „Wir sind jetzt seit mehr als 70 Jahren am Markt“, sagt Jochen Fritz. Der 41-jährige Bauingenieur hat die Geschäftsführung der Firma im Jahr 2015 in dritter Generation übernommen.
Heute zählt die Fritz Planung GmbH mit rund 150 Beschäftigten zu den großen Ingenieurbüros in Baden-Württemberg. „Wir haben uns früh als Generalplaner für Kommunen etabliert“, erzählt Fritz. Zu Projekten der Wasserversorgung kamen Frei- und Hallenbäder, Schulen und Gewerbegebäude und innovative Energie-Konzepte hinzu.
Vergabeverfahren so einfach und zielgerichtet wie möglich gestalten
Als Unternehmer kennt Fritz das tägliche Vergabegeschäft. Über seine Erfahrungen referiert er auch gerne mal auf dem renommierten Vergabetag der Ingenieurkammer. „Egal unter welcher Verordnung Leistungen vergeben werden, ob VgV, Sekt VO oder UvGO, man sollte immer darauf achten, dass man das Vergabeverfahren so einfach und zielgerichtet wie möglich gestaltet“, sagt er im Gespräch mit dem Staatsanzeiger. „Man sollte nicht zu formalistisch rangehen, es muss pragmatisch bleiben.“ Am Schluss sei es immer das Ziel, dass zwei Partner zusammenkommen, die ein Projekt miteinander gut abwickeln könnten.
Das Vergaberecht, weiß Fritz, werde von Kommunen zuweilen als „bürokratische Bevormundung“ wahrgenommen. „Die wissen in der Regel aus ihrer Ortskenntnis genau, mit wem sie gut zusammenarbeiten können und mit wem nicht“, sagt er. Formale Vorgaben, die etwa verlangen, mindestens drei Angebote einzuholen, würden da stören.
Nicht nur, weil Vergabestellen mit einem Blick in die HOAI den angemessenen Preis für die angefragte Leistung ja schon kennen. „Wenn Kommunen ein Büro haben, mit dem sie bislang gut zusammengearbeitet haben, das sich bewiesen hat und zu einem passt – wieso sollten sie dann das Pferd wechseln?“ Er habe noch keinen Bauamtsleiter oder Kämmerer erlebt, der an irgendeiner Stelle einen Euro mehr ausgeben würde, wenn er nicht wüsste, dass es gerechtfertigt sei. Es sei auch nicht so, dass immer das gleiche Ingenieurbüro angefragt werde.
Vergleichsangebote können Vergabestellen zuweilen in Verlegenheit bringen. „Wenn ein Bieter günstiger anbietet als das Büro, mit dem man gerne zusammenarbeiten würde, ist es schwer, zu rechtfertigen, dass man trotzdem das bevorzugte Büro beauftragen will. Das Einholen von Vergleichsangeboten gerät dann zur lästigen Formalie und die Vergabestellen freuen sich über jede Absage“, erklärt Fritz. „Man kann aber auch nicht sagen, dass das dann mit Mauschelei zu tun hat.“
Dass Auftraggeber schon im Voraus wissen, wem sie den Auftrag vergeben wollen, kommt laut Fritz auch oberhalb der Schwellen vor. „Das riechst du manchmal schon zehn Meter gegen den Wind, dass die Sache schon entschieden ist.“ Doch dafür zeigt der Ingenieur Verständnis: „Wenn ein Wettbewerber mit einem Projekt schon mal befasst war und da tief drinsteckt und die Kommune zufrieden ist, dann wollen die die Sache auch gemeinsam durchziehen.“
Auf Standardfragen im Vergabegespräch verzichten
Fritz zufolge sollte man nicht versuchen, im Unterschwellenbereich die gleichen Verfahren und Prozesse zu etablieren, wie sie im Oberschwellenbereich Usus sind. Das gilt etwa für das Vergabegespräch, in dem Auftraggeber und Bieter die Facetten des Projekts abklären. „Man muss sich über den Aufwand für ein Unternehmen im Klaren sein“, sagt er „Wenn man da zu zweit anrückt, können da Selbstkosten von rund 1000 Euro entstehen. „Wenn es dann bloß um einen Auftragswert von 20 000 Euro geht, ist das nicht mehr auskömmlich.“
Bei einem Auftragswert von 100 000 Euro ist das anders. „Das Vergabegespräch ist sinnvoll, wenn man unter drei geeigneten Büros auswählen muss. Oder, wenn die Sachlage sehr komplex ist und sich der Auftraggeber über das Leistungssoll nicht im Klaren ist“, sagt Fritz.
Er rät allerdings, im Vergabegespräch auf Standardfragen nach Terminen, Kosten und Qualität zu verzichten. Besser sei es, in den fachlichen Dialog zu treten und projektbezogene Inhalte abzufragen, sagt er. Hilfreich aus Sicht von Fritz sei es, Referenzprojekte vorstellen zu lassen. Der Vorteil: Für Planungsbüros hält sich hier der Aufwand in Grenzen. „Hierbei lässt sich sehr gut veranschaulichen, wie man bestimmte Probleme gelöst hat“, sagt Fritz. „Und schon ist man drin in einer fachlichen Diskussion.“
Keine Vergabe nach Preis, sondern nach Leistung
Als Inhaber der Fritz Planung GmbH in Bad Urach, aber auch in seiner Funktion im Landesvorstand der Beratenden Ingenieure Baden-Württemberg (VBI) kennt Jochen Fritz die Praxis des Vergabegeschäfts von Planern. Auf dem alljährlichen Vergabetag der Ingenieurkammer ist Fritz bekannt für seine Vorträge, in denen er die Vergabepraxis ganz unverblümt und realitätsnah analysiert. Sein Motto: „Keine Vergabe nach Preis, sondern nach Leistung. Und: Wer billig bietet, hat billige Leute oder lässt Leistung weg. Beides geht zulasten der Qualität.“