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CO2-Ausstoß kann als Kriterium in Ausschreibungen verankert werden
Berlin. Norwegen, Dänemark oder die Niederlande – in nicht wenigen Fällen führt ein Blick ins europäische Ausland inzwischen zu Erkenntnissen, die ernüchtern. In diesen Nachbarländern wird nicht mehr experimentiert mit der Frage, wie Nachhaltigkeitsaspekte in große Bauprojekte einfließen könnten. In Norwegen ist gesetzt, dass der CO 2 -Ausstoß pro Tonne, der auf öffentlichen Baustelle entsteht ,mit einem bestimmten Betrag in die Angebotspreise einfließt. In Dänemark wird der zulässige Ausstoß über den Vertrag reguliert und in den Niederlanden werden CO 2 -Höchstmengen festgelegt.
Großprojekte stehen besonders im Fokus
Und in Deutschland? Entwickelt man noch ein „gemeinsames Verständnis“ dafür, wie konkrete Modelle für mehr Nachhaltigkeit, zum Beispiel im Autobahnbau aussehen könnten. Über Pilotprojekte ist man hierzulande noch nicht hinauskommen. Das berichtet zumindest Sascha Häfner, Leiter der Abteilung Vergaberecht beim Unternehmen Die Autobahn GmbH. Das ist eine hundertprozentige Tochter des Bundes, die für Planung, Bau, Betrieb, Erhalt und Finanzierung der Autobahnen in Deutschland zuständig ist. Mit der Auslagerung in eine eigene Gesellschaft, wie sie in vielen europäischen Ländern schon lange umgesetzt wurde, will das Bundesverkehrsministerium den Bau oder die Sanierung von Autobahnen schneller und effizienter durchführen können.
Die Tatsache, dass die europäische Vergaberechtsrichtlinie Nachhaltigkeit eindeutig als zulässiges Kriterium in Ausschreibungen erlaubt, hat in Deutschland noch nicht zu einem maximalen Schub geführt, was die Berücksichtigung solcher Aspekte angeht. Für Häfner ist mit Blick auf Großprojekte, bei denen viel Beton und große Maschinen im Einsatz sind, aber klar, dass Nachhaltigkeitsanforderungen – beispielsweise beim Autobahnbau – weiter steigen werden. Das trifft seiner Ansicht für mindestens sieben Bereiche zu.
Emissionsarme Baumaschinen können den Ausschlag geben
Ein ganz großer Punkt sind zum ersten die verwendeten Materialien. Hier gibt es wohl die größten Potenziale. Außerdem geht es zweitens um die Beschleunigung von Baustellen oder drittens die Wahl besonders innovativer Bauverfahren. Häfner nennt hier die Schnellbaubrücke als Beispiel, die schon zu einem gewissen Grad vorgefertigt an der Baustelle ankommt. Ein solches Verfahren wird in den kommenden Jahren auch viele kommunale Auftraggeber oder die Landesbehörden interessieren, die viele Ausschreibungen für den Ersatz maroder Brücken bekannt machen müssen.
Viertens wird auch der Einsatz CO 2 -reduzierter Baumaschinen immer mehr an Bedeutung erlangen. Betrachtet wird fünftens in der Bilanzierung auch die Frage, wie das Material von der Baustelle weg- oder hingelangt. Sechstens wird zu betrachten sein, wie bei der Herstellung von Asphalt fossile Brennstoffe ersetzt werden können. Eine wichtige Rolle spielt schließlich siebtens eine weiterentwickelte, nachhaltige Zementproduktion.
Autobahn GmbH plant Pilotprojekte zum nachhaltigen Bauen
Für Häfner ist klar, dass alle genannten Aspekte ihren Platz idealerweise in der Leistungsbeschreibung finden sollten und nicht zu den Zuschlagskriterien gehören. Nur über die Leistungsbeschreibung ließen sich umweltbezogene oder sozialpolitische Gesichtspunkte bestmöglich umsetzen. Und: je später Nachhaltigkeitsaspekte in ein Vergabeverfahren einfließen würden, desto geringer sei der Einfluss des Auftraggebers, dass noch etwas Zählbares im Sinne einer verbesserten CO 2 -Bilanz herauskommen könnte.
Die harte Bepreisung des Kohlendioxid-Ausstoßes bei der Abwicklung von Aufträgen hat in der deutschen Bauwirtschaftwenig Freunde. Bei der Autobahn GmbH setzt man deshalb zum einen auf ein Verfügbarkeitskostenmodell (siehe Infokasten). Die Niederlassung Südwest der Autobahn GmbH will das Modell bei der Sanierung eines Abschnitts auf der Bundesautobahn 5 anwenden.
In Anlehnung an zwei Vergabeverfahren auf niederländischen Autobahnen wird bei einem anderen Pilotverfahren der CO 2 -Ausstoß der eingesetzten Baumaschinen in die Bewertung der Angebote einfließen. Je weiter ein Unternehmen den Ausstoß reduzieren kann, desto bessere Chancen hat es, den Auftrag zu gewinnen. In einem dritten Piloten sollen beide Varianten in einem Vergabeverfahren kombiniert zur Anwendung kommen.
Mehr zum Thema: rechtlicher Rahmen für Nachhaltigkeitskriterien bei der Vergabe
Geschwindigkeit als Zuschlagskriterium
Beim Verfügbarkeitskostenmodell im Straßenbau schneidet im Rahmen einer Ausschreibung das Unternehmen besser ab, das in der Lage ist, in kürzerer Zeit mehr Streckenkilometer als andere bauen zu können und dabei einen vom Auftraggeber definierten Qualitätsstandard zu erreichen. Der Anreiz für Bauunternehmen besteht darin, möglichst schnell zu bauen, um Verkehrsbehinderungen zu minimieren und so den CO 2 -Ausstoß zu reduzieren, weil es zu geringeren Anzahl von Staus kommt.