Auftraggeber schließt Bieter aus, weil der GAEB-Datei nicht liefert
Nürnberg . Das GAEB-Format ist ein standardisiertes Datenformat, das den Austausch von Ausschreibungs-, Angebots- und Abrechnungsinformationen zwischen Baubeteiligten digitalisiert und vereinfacht. Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 16. Mai 2023 – XIII ZR 14/21) hatte zu urteilen, ob ein Bieter in einem unterschwelligen Vergabeverfahren, der seine Angebotsunterlagen zwar vollständig im PDF-Format aber nicht als GAEB-Datei eingereicht hatte, von dem Vergabeverfahren ausgeschlossen werden musste.
Ausschreibende Stelle fordert GAEB-Datei
Die ausschreibende Stelle hatte in den Vergabeunterlagen festgelegt, dass das Leistungsverzeichnis unter Verwendung des dort genannten GAEB-Softwareprogramms als GAEB-Datei im Format d.84 oder x.84 eingereicht werden musste. Etwas anderes folgte auch nicht daraus, dass die Vergabeunterlagen die elektronische Abgabe des Angebots allgemein in Textform vorsahen. Dies steht der spezielleren für das Leistungsverzeichnis geltenden Vorgabe zur Verwendung des vom öffentlichen Auftraggeber zur Verfügung gestellten GAEB-Programms nicht entgegen. Denn er legt fest, in welcher Form die Angebote einzureichen sind. Die Form eines Angebots umfasst auch die bei seiner Einreichung zu verwendenden elektronischen Mittel. Sie bestimmen die Art und Weise der Verkörperung des Angebots und seiner Abgabe.
Elektronische Mittel wiederum sind Geräte und Programme für die elektronische Datenübermittlung. Schon nach dem Wortlaut umfasst der Begriff der elektronischen Mittel somit auch Softwareprogramme, die der elektronischen Datenübermittlung dienen. Dateiformate werden ausdrücklich auch im EU-Vergaberecht erwähnt (zum Beispiel in Erwägungsgrund 53 und Artikel 22 der Richtlinie 2014/24/EU).
Wenn ein zum Datenaustausch verwendetes Softwareprogramm zur Verkörperung und Übermittlung der Erklärung ein bestimmtes Dateiformat erfordert, beinhaltet die Verwendung des Programms notwendig dieses Dateiformat und legt damit die äußere Verkörperung des Angebots und die Art seiner Übermittlung fest, so die Bundesrichter. Sie halten damit also einen Ausschluss des Bieters für zwingend.
Elektronische Informations- und Kommunikationsmittel sollen vor allem die Effizienz und Transparenz von Vergabeverfahren steigern. Dabei stellt die Verwendung einheitlicher Dateiformte durch alle Bieter eine – auch elektronische – Vergleichbarkeit sicher und verhindert beim öffentlichen Auftraggeber zusätzlichen Aufwand. Dieser würde nämlich durch die Umwandlung und Überprüfung von Angeboten anfallen, bei denen andere elektronische Mittel und Dateiformate als etwa das GAEB-Format verwendet werden. Die entsprechenden Paragrafen könnten ihren Sinn und Zweck nicht erfüllen, wenn ein Verstoß gegen solche Vorgaben keinen Ausschluss des Angebots gemäß der Paragrafen 13 EU Absatz 1 Nummer 1 Satz 1, 16 EU Nummer 2 Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) zur Folge hätte, so die Bundesrichter.
Auftraggeber sollte Nachforderung von vornherein ausschließen
Fraglich ist, ob eine fehlende GAEB-Angebotsdatei nachgefordert werden muss, wie es Paragraf 16a EU Absatz 1 Satz 1 VOB/A vorsieht. Da der Bundesgerichtshof nach alter Rechtslage im Unterschwellenbereich entschieden hat, musste er die Thematik nicht weiter vertiefen. Wenn aber ein Bieter sein Angebot als PDF-Datei vollständig, auch mit allen geforderten Preisangaben, abgegeben hat, besteht zwar grundsätzlich keine Gefahr der nachträglichen manipulativen Wettbewerbsbeeinträchtigung, wenn die fehlende GAEB-Angebotsdatei nachgefordert würde. Allerdings besteht für die Nachforderung eines kompletten Leistungsverzeichnisses mit Preisen im Grundsatz kein Raum (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 17.8.2022 – Verg 54/21, für Liefer-/Dienstleistungen).
Für eine Nachforderungspflicht spräche eine von Verhältnismäßigkeitsüberlegungen getragene Abwägungsentscheidung. Die Nachforderungsproblematik kann so gelöst werden, dass die Nachforderung in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen gemäß Paragraf 16a EU Absatz 3 VOB/A von vornherein ausgeschlossen wird.
Die Form der Angebote
Der Auftraggeber gibt in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen an, auf welchem Weg die Kommunikation erfolgt. Das regelt Paragraf 11 EU Absatz 1 Satz 1 VOB/A.
Überdies legt der öffentliche Auftraggeber gemäß Paragraf 13 EU Absatz 1 Nummer 1 Satz 1 VOB/A fest, in welcher Form die Angebote einzureichen sind. Paragraf 16 EU Nummer 2 VOB/A bestimmt: Auszuschließen sind Angebote, die den Bestimmungen des Paragraf 13 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 5 nicht entsprechen.