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Otter als „Fund des Jahres“: Zuwachs im Elfenbeintierpark aus der Eiszeit

Unter den eiszeitlichen Elfenbein-Funden in den Höhlen der Schwäbischen Alb gab es bisher Fische und einen Wasservogel. Nun haben Wissenschaftler in der Unesco-Welterbehöhle einen noch kopflosen Otter entdeckt.

Die Tierfigur eines Otters wurde in der Welterbehöhle Hohle Fels bei Schelklingen gefunden. Der Kopf dazu wurde bislang noch nicht entdeckt.

Rita Litzenberg)

Tübingen. Mammut, Wisent, Wildpferd, Höhlenlöwe und Höhlenbär – mehr als 30 figürliche Kunstobjekte aus der Jüngeren Altsteinzeit wurden in den Höhlen der Schwäbischen Alb bei archäologischen Ausgrabungen schon entdeckt. Die Mehrheit bildet imposante Tiere ab, die für die eiszeitliche Steppenlandschaft typisch sind.

Jetzt haben Archäologen aus der Welterbehöhle Hohle Fels nahe Schelklingen den Körper einer Figurine aus Mammutelfenbein geborgen, die die Annahme bestätigt, dass die eiszeitliche Elfenbeinkunst vielfältiger war als lange vermutet, wie die Universität Tübingen mitteilt. Ein Team der Abteilung Ältere Urgeschichte und Quartärökologie interpretiert den Fund als Otter und präsentierte die Figur nun als „Fund des Jahres“ im Urgeschichtlichen Museum Blaubeuren (urmu).

Zwei Fische und ein Wasservogel gibt es schon

„Unter den eiszeitlichen Kunstfunden der Region gibt es bereits die Figuren zweier Fische und die eines Wasservogels“, sagt Professor Nicholas Conard. Das neue Stück zeige, „dass sich die Menschen damals viel stärker mit Wassertieren auseinandergesetzt haben, als wir bislang dachten“, ergänzt der Wissenschaftler. Das Schnitzen eines solchen Stückes aus Elfenbein erfordere detaillierte Kenntnisse des Aussehens und der Eigenschaften des dargestellten Tieres, betont Conard.

Die Elfenbeinfigurine ist in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg, herausgegeben vom Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg, wissenschaftlich beschrieben.

Die Figur wurde in tieferen Schichten der altsteinzeitlichen Kulturstufe des sogenannten Aurignacien geborgen. Somit stammt sie aus dem gleichen Zeithorizont wie die berühmte Venus-Figur und die Flöte aus dem Hohle Fels und ist fast 40 000 Jahre alt, entstanden also in einer Zeit, als die ersten anatomisch modernen Menschen in Europa ankamen.

Der aktuelle Fund ist im Gegensatz zu anderen Figurinen nicht mit verzierenden Ritzmustern versehen. Er hat mit 5,9 Zentimetern Länge, 1,5 Zentimetern Höhe und einem halben Zentimeter Breite eine längliche, aber gedrungene Form und einen kurzen, spitz zulaufenden Schwanz. Die Beine des Tiers sind sehr kurz, der Hals dagegen sehr lang. Der Kopf ist abgebrochen und fehlt.

„In den vergangenen Jahren ist es uns immer wieder gelungen, nach aufmerksamer Suche Bruchstücke von Funden zu ihrem ursprünglichen Erscheinungsbild zusammenzufügen“, sagt Conard und hofft, dass der Kopf noch gefunden werden kann: „Solch fehlende Teile schüren in uns die Erwartung, diese noch irgendwo im Sediment der Höhle auszugraben oder sie unter den geborgenen und noch nicht ausgelesen Funden auszumachen.“

Nicht nur große Tiere wurden künstlerisch hergestellt

Die Gestalt der kopflosen Elfenbeinfigur sei so einzigartig, dass sie die Wissenschaftler darin bestätigt, von der ehemals populären Deutung abzurücken, dass nur große oder gefährliche Tiere in eiszeitlichen Jäger- und Sammlergesellschaften der künstlerischen Darstellung für würdig befunden worden waren.

„Wir wissen heute nicht, was die Menschen damals an einem Otter fasziniert haben könnte, aber mit Sicherheit haben sie beobachtet, wie wendig er sich im Wasser bewegt, wie fürsorglich er seinen Nachwuchs aufzieht und welch ein raffinierter Fischjäger er ist“, sagt Stefanie Kölbl, geschäftsführende Direktorin des urmu, wo der Fund nun ausgestellt wird.

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