Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Warum der Bauernkrieg im Jahr 1525 eskalierte
Stuttgart. Noch im Frühjahr 1525 werden zwischen Vertretern des Adels, namentlich dem Schwäbischen Bund, und den Bauern Verhandlungen geführt, jedoch ergebnislos. Anschließend eskaliert die Lage. Nach Plünderungszügen gegen Burgen und Klöster werden die Bauern im Südwesten ab April 1525 durch den Feldherrn des Schwäbischen Bundes, Georg Truchsess zu Waldburg, in mehreren Schlachten besiegt, wobei die Bauern enorme Verluste erleiden.
Doch was sind die Ursachen des Bauernkriegs? Welche Forderungen stellen die Bauern und was bleibt?
Die Bauern waren wirtschaftlich in Not
Aufgrund des Anwachsens der ländlichen Bevölkerung sind die Bauern, zumal in Realteilungsgebieten, wo immer kleinere Parzellen entstehen, wirtschaftlich in Not.
Vor allem kommt es aber um 1500 zur Ausbildung von Territorialstaaten. Adelige Herrschaftsträger, stärker sogar noch Klöster, intensivieren ihre Herrschaft und drücken die Bauern in den Stand der Leibeigenschaft herab. Damit verbunden sind Frondienste und hohe, oft willkürlich festgesetzte Abgaben, so unter anderem beim Tod des Bauern oder der Bäuerin. Auch unterliegen die Bauern Heiratsbeschränkungen und sind in ihrer Freizügigkeit erheblich eingeschränkt.
Zudem verlieren die Bauern gewohnheitsmäßig bestehende Rechte, wie das Recht Holz zu schlagen, zu fischen, zu jagen oder die Allmende zu benutzen.
Doch nicht nur die beim Tod eines Bauern fälligen Abgaben beziehungsweise deren Höhe werden von den Betroffenen als kein Recht, ja als Gewalt empfunden, sondern auch die jetzt übliche Form der Rechtsfindung. Denn im Mittelalter ist es üblich gewesen, dass Vertreter der Dorfgenossen auf der Grundlage mündlich überlieferten Rechtes geurteilt haben.
An die Stelle der bäuerlichen Gerichtsmitglieder tritt nun der von der Obrigkeit eingesetzte Vogt, der auf der Basis obrigkeitlicher Satzungen, die sich am römischen Recht orientieren und nicht an den Gewohnheiten der Bauern, Urteile fällt. Auch darüber hinaus verfügt die Obrigkeit über zahlreiche Wege auf Gerichte Einfluss zu nehmen. So werden willfährige Richter eingesetzt, Urteile in zweiter Instanz aufgehoben, genauso wird verboten, an auswärtige Gerichte zu appellieren, was bis dahin gängige Praxis gewesen ist. Schließlich werden Bußgelder in Gerichtsverfahren massiv erhöht.
Ihre Klagen über all diese Überstände fixieren die Bauern in zahlreichen Beschwerdeschritten. Schließlich bringen Sebastian Lotzer und Christoph Schappeler die Anliegen der Bauern des Allgäus, Oberschwabens und der Bodenseeregion auf einer Versammlung am 7. März 1525 in Memmingen auf den Punkt. In den Zwölf Artikeln, einem „Monument deutscher Freiheitsgeschichte“ (Christoph Engelhard), werden unter Berufung auf göttliches Recht die Aufhebung der Leibeigenschaft, der damit verbundenen Abgaben, die Wahl der Pfarrer durch die Gemeinde und die Wiederherstellung bäuerlicher Selbstverwaltungsrechte gefordert.
Deutlich bringen die zwölf Artikel auch zum Ausdruck, dass Christus für alle gleichermaßen gestorben sei, genauso werden das Gebot der christlichen Nächstenliebe und die gleiche Geburt aller Menschen als Abbild Gottes betont. Auch folgt der Hinweis, dass in den Evangelien, als der für die Bauern maßgeblichen Rechtsgrundlage, nirgendwo von Leibeigenschaft die Rede ist.
Zudem schließen sich die in Memmingen versammelten Bauern zu einer „Christlichen Vereinigung“ zusammen, für die sie eine Bundesordnung erarbeiten. Gemäß dieser sind die Bauern in Gemeinden und Haufen organisiert, an deren Spitze jeweils gewählte und rechenschaftspflichtige Oberste und Räte stehen. Diese bildeten wiederum ein Landschaftsregiment.
In zahlreichen Territorien werden Verträge abgeschlossen
Doch was wird nach der Niederlage der Bauern aus den in den Zwölf Artikeln niedergelegten Anliegen, die gemäß dem Verständnis der „Christlichen Vereinigung“ Theologen gleichsam zur Prüfung vorgelegt werden sollen, die Martin Luther jedoch scharf missbilligt?
Bemerkenswerter Weise kommt es kurz nach dem Ende des Bauernkrieges in zahlreichen Territorien zum Abschluss von Verträgen, in denen Rechte und Pflichten der Bauern fixiert werden, so dass diese sich jetzt nicht mehr mit willkürlich festgelegten Abgaben konfrontiert sehen und die Möglichkeit besitzen, vor Reichsgerichten gegen ihren Landesherrn zu klagen. Auf den gescheiterten Aufstand folgt somit ein gutes Stück weit eine Reform!