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Henriette Arendt: Deutschlands erste Polizeiassistentin in Stuttgart

Henriette Arendt war erst Krankenpflegerin, dann Polizeiassistentin in Stuttgart. Mit ihrer sozialreformerischen Art eckte sie allerdings bei den Behörden an und kündigte ihren Job.

Die gebürtige Königsbergerin Henriette Arendt war die erste Polizeiassistentin in Deutschland, als sie 1903 in diesem Beruf in Stuttgart arbeitete.

wikimedia)

Stuttgart. Seit dem 19. Jahrhundert setzten sich Frauenrechtlerinnen international für den Einsatz von Frauen bei der Polizei. Dabei ging es vorrangig um die Bekämpfung der Prostitution. Zwar waren Bordelle seit 1871 verboten, doch die Prostitution war weiterhin gestattet, allerdings nur unter Polizeiaufsicht.

Die in Königsberg am 11. November 1874 geborene Henriette Arendt ging in die Geschichte ein als erste Polizeiassistentin Deutschlands, als sie im Jahr 1903 in Stuttgart dazu ernannt wurde.

Die auch als Polizeifürsorgerinnen oder Polizeipflegerinnen betitelten Frauen standen in Deutschland bis 1934 im Dienst der Polizei, um straffällig oder sozial auffällig gewordene Kinder, weibliche Jugendliche und Frauen zu betreuen.

Sie schloss sich dem Stuttgarter Hilfspflegerinnen-Verband an

„Ende 1895 begann sie in Berlin am Jüdischen Krankenhaus eine Ausbildung zur Krankenpflegerin“, schreibt die Historikerin Heike Maier im Stadtlexikon Stuttgart. 1902 arbeitete Arendt dann an der Neuen Lungenheilanstalt in Schömberg im Schwarzwald . „Hier schloss sie sich dem Stuttgarter Hilfspflegerinnen-Verband an, der 1899 gegründet worden war und ein modernes Berufs- und Frauenbild vertrat“, schreibt Maier weiter.

Arendt war die Tante der berühmten Philosophin Hannah Arendt, wuchs in einer wohlhabenden jüdisch-assimilierten Familie auf und sprach mehrere Sprachen. Paula Steinthal, die Vorsitzende des Stuttgarter Pflegeverbands, empfahl sie für die neue Stelle der Polizeiassistentin in der Stuttgarter Büchsenstraße.

Arendt war eine engagierte und selbstbewusste Frau und hielt auch mit Kritik nicht zurück. „Am 1. Februar 1907 hielt sie im Gebäude des Landesgewerbemuseums auf Einladung der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten einen Vortrag mit dem Titel ‚Mehr staatliche Fürsorge für Gefallene und Gefährdete. Der beste Weg zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten!’“, schreibt Maier.

Darin setzte sie laut Maier „zu einer Generalkritik der bestehenden Einrichtungen an, bewertete das ehrenamtliche System der Wohlfahrtspflege in Stuttgart als ineffizient und beschrieb die amtlichen Kontrolleinrichtungen als bürokratisch und überfordert mit der Fürsorgepflicht.“

Ihre sozialreformerische Art führte letztlich zur Kündigung

Nach diesem Vortrag wurde ihr von Steinthal die Mitgliedschaft im Hilfspflegerinnenverband gekündigt und zugleich dem Amtsvorstand der Polizei empfohlen, ihr zu kündigen. Auch der Leiter der Stadtmission, der spätere Landesbischof Theophil Wurm, forderte die Kündigung der Polizeiassistentin.

Daraufhin versuchte die Stadtpolizei, das Arbeitsverhältnis begründet aufzulösen. „Die Polizeiassistentin meldete sich schließlich zermürbt krank und schrieb am 18. November 1908 im Stuttgarter Paulinenhospital ihre Kündigung“, so Maier. Arendt starb 1922 in Mainz, wo sie zuletzt als Oberschwester der französischen Rheinarmee gearbeitet hatte.

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