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Dampfschifffahrt

Vor 200 Jahren begann die Dampfschifffahrt auf dem Bodensee

Mit dem Glattdeckdampfer „Wilhelm“ – benannt nach dem damaligen württembergischen König – begann vor 200 Jahren die Dampfschifffahrt auf dem Bodensee.

Der Glattdeckdampfer Wilhelm war das erste Dampfschiff, das vor 200 Jahren über das Schwäbische Meer fuhr.

Privat)

Friedrichshafen. Mit der Nutzung von Solarstrom für ein Schiff ihrer Weißen Flotte setzen die Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) seit mehr als einem Jahr auf modernste Antriebstechnik. Seit der diesjährigen Saison sind Solarzellen nicht nur auf dem Dach der schwimmenden „Insel Mainau“ installiert, sondern auch an ihren Seitenwänden. Nach Angaben der Schiffsbetriebe können so bei sonnigem Wetter bis zu vierzig Prozent des Energiebedarfs klimaneutral gedeckt werden.

Auch bei der Inbetriebnahme der ersten regelmäßigen Schiffsverbindung auf dem Schwäbischen Meer vor 200 Jahren setzten die damaligen Investoren auf die neueste Technik, die bereits auf dem Genfersee erprobt war: Anstelle von Windkraft und Segeln als „Motor“ wurden Seitenräder der Schiffe durch Dampfkraft angetrieben.

Bald hieß dieser Schiffstyp auch am Bodensee „Dampfer“. Transportiert wurden nicht mehr nur wie mit den alten windabhängigen Lastenseglern Güter, es konnten auch reiselustige Passagiere befördert werden – zunächst allerdings nur zwischen dem württembergischen Friedrichshafen und dem schweizerischen Rorschach. Für die 22 Kilometer lange Strecke zwischen beiden Anlegestellen benötigte die technische Sensation zweieinhalb Stunden.

Das Startkapital war ziemlich schnell aufgebraucht

Der erste Versuch mit einem Schaufelraddampfer war unter badischer Flagge 1818 kläglich gescheitert. Johann Caspar Bodmer, technikbegeisterter Inhaber einer Konstanzer Baumwollspinnerei, hatte sich in den Kopf gesetzt, mit zwei Helfern eigenhändig ein Passagierschiff zu bauen.

Obwohl einflussreiche Unterstützer, darunter Großherzog Ludwig von Baden, gewonnen werden konnten, war das Startkapital bald aufgebraucht. Da half auch nicht, dass die Großherzogin Stephanie, Namenspatronin des Dampfers werden sollte. Das Herzstück des Schiffes, eine in England gefertigte Dampfmaschine konnte Bodmer nicht bezahlen. In seiner Not ersetzte er sie durch eine Maschine aus seiner Spinnerei.

Der Notnagel mit einer Maschinenleistung von gerade einmal zwei PS versagte bei der Rückkehr von der Jungfernfahrt nach Konstanz. Die hochgestellten Ehrengäste mussten Hand anlegen und rudern. Der finanziell gestrandete Schiffseigner floh vor seinen Gläubigern. Bereits 1821 wurde das Pleiteschiff abgewrackt.

Als schließlich 1824 von Stuttgart aus finanzstarke Investoren einen neuen Versuch in Sachen Dampfschifffahrt starteten, ließ sich das Vorhaben professioneller an. Auch hier wurde selbstredend der Landesherr, König Wilhelm I. von Württemberg, als Namenspatron auserkoren. Hatte sich doch der Monarch, ansonsten weniger dem technischen Fortschritt als der Landwirtschaft zugetan, mit Nachdruck hinter den Plan des Stuttgarter Großverlegers Johann Friedrich von Cotta gestellt.

Wie Bodmer in Baden überzeugten auch den Unternehmer und Landtagsabgeordneten amerikanische und Schweizer Vorbilder von der Zukunft der Dampfschiffe. Waren sie doch geradezu ein „Massentransportmittel“ – das 32 Meter lange württembergische Schiff „Wilhelm“, bald liebevoll „Seeschnecke“ genannt, konnte 124 Personen aufnehmen. Die Maschinenleistung von 20 PS schaffte eine Höchstgeschwindigkeit von immerhin 10,5 Kilometer in der Stunde. Der Glattdeckdampfer „Wilhelm“ wurde für gutbetuchte Reisende ein bequemes Transportmittel und Ausflugsfahrten zunehmend beliebter. Damit begann auf dem Bodensee offiziell die Dampfschifffahrt im regulären Betrieb.

Erfahrungen mit einer zahlungskräftigen Klientel hatte Cotta bereits zehn Jahre vor diesem Engagement gemacht. Die Kurstadt Baden-Baden verdankte ihm das Hotel „Badischer Hof“. Cotta und sein Compagnon Johann Jakob Klüber, badischer Staatsrat mit besten Verbindungen in Immobilienangelegenheiten, hatten das aufgelöste Kapuzinerkloster vor den Stadttoren zur ersten Nobelherberge jener Zeit umgebaut.

Im Jahr 1824 wurde mit dem Bau des Dampfschiffes begonnen

Unter der Regie der neu gegründeten Friedrichshafener Dampfbootgesellschaft wurde 1824 mit dem Bau eines Dampfschiffes begonnen und noch im selben Jahr in Betrieb genommen. Gleichzeitig startete auf der Friedrichshafener Werft der Bau eines Schiffes für Bayern, dessen Betrieb jedoch nicht reüssierte.

Die Lindauer Schiffer leisteten Widerstand am bayerischen Ufer. Im Gegensatz zur bayerischen Regierung hatte König Wilhelm I. in weiser Voraussicht den auf württembergischen Hoheitsgebiet ansässigen Schifferzünften die Schiffereirechte gegen eine lebenslange Leibrente abgekauft. Das bedeutete: freie Bahn für Dampfschiffe unter der schwarz-roten württembergischen Flagge.

Allerdings hatte auch der technische Fortschritt seinen Preis. Der Holzrumpf des Schiffes war nämlich schon nach wenigen Jahren durch die Vibration der Dampfmaschine so beschädigt, dass er erneuert werden musste. Das Baumaterial lieferten die königlichen Forsten.

Den technischen Fortschritt konnte Bayern allerdings 1835 mit dem ersten Bodenseedampfschiff mit einer Eisenschale für sich reklamieren. Württemberg folgte vier Jahre später mit dem Eisenschiff „Kronprinz“, das noch 1890 unter dem Namen des Landes im Einsatz war.

Schifffahrt auf dem See

Die Bodensee-Schifffahrt hat eine lange Tradition, die vermutlich bis in die Steinzeit zurückreicht. Die ersten schriftlichen Überlieferungen dazu haben sich aus der Antike erhalten. Der Historiker Strabon berichtet von einer Seeschlacht auf dem Bodensee im Jahr 15 v. Chr. und belegt damit die antike militärische Schifffahrt auf dem Schwäbischen Meer, schrieb der Jurist, Historiker und Heraldiker Karl Heinz Burmeister im Jahr 1992 in seinem Buch „Vom Lastschiff zum Lustschiff. Zur Geschichte der Schiffahrt auf dem Bodensee.“

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