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Serie: Das Exponat

Königliches Gemüse in Porzellan: Kurfürst Carl Theodor war Spargelfan

Meist kam er im April. Jedes Frühjahr verlegte Carl Theodor (1724-1799) seine Residenz von Mannheim nach Schwetzingen. Den ganzen Winter hat der Kurfürst diesen Tag herbeigesehnt. Denn im Garten des Sommersitzes wuchs seine Leibspeise: Spargel.

Kurfürst Carl Theodor liebte Spargel: Das zeigt sich auch an einem zerbrechlichen Porzellan-Etui, das in den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim zu sehen ist.

reiss engelhorn museen, Jean Christen)

Mannheim. Von der kulinarischen Passion des pfälzischen Herrschers zeugt nicht zuletzt ein kunsthandwerkliches Kleinod aus seinem persönlichen Umfeld. Ein Porzellan-Etui in Form einer Spargelstange, das sich mittlerweile in den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen (REM) befindet.

Jedes bekannte Spargeletui ist ein Unikat

„Das Objekt wurde in der Frankenthaler Manufaktur, die Carl Theodor selbst gehörte, hergestellt“, erklärt Irmgard Siede, die den Sammlungsbereich Angewandte Kunst an den REM leitet. „Wir kennen insgesamt drei ähnliche Spargeletuis.“ Jedes sei ein Unikat, da Porzellan im 18. Jahrhundert handbemalt wurde. Laut den alten Preisverzeichnissen existierten allerdings noch mehr Objekte dieser Art. Möglicherweise schlummern einige unerkannt in Privatbesitz.

Wozu das Exemplar diente, vermag Siede nicht mit Sicherheit zu bestimmen. „Entweder wurden Nähnadeln darin aufbewahrt oder Zahnstocher“, sagt die Expertin. Im ersten Fall könnte es ein Geschenk an Kurfürstin Elisabeth Auguste gewesen sein. Im zweiten Fall stand es wohl auf der Essenstafel. Gut vorstellbar, dass es zu einem Ensemble aus Schüsseln und Saucieren gehörte, da Spargel seinerzeit gekocht und von feinen Saucen begleitet auf den Tisch kam.

Die relativ naturalistische Gestaltung sei stiltypisch für Frankenthaler Porzellanwaren der Zeit. Die Montierung im unteren Drittel, mit der sich das Etui öffnen und schließen lässt, besteht aus vergoldetem Kupfer. „Dieses Material ist schnell und preisgünstig herzustellen“, sagt Siede. „Das entspricht dem rationellen Geist der frühen Industrialisierung, die Carl Theodor voranbringen wollte.“

Unten weiß, oben violett und grün: Die Art von Spargel, die das Etui darstellt, findet sich nicht in modernen Supermärkten. Eine exakte Sorte zu bestimmen fällt schwer. „Wir wissen lediglich“, sagt Siede, „dass Carl Theodor Botaniker am Hofe beschäftigte, die sich mit Kollegen über neue Züchtungen austauschten.“

Den Spargelanbau indes hat nicht erst der aufgeklärte Kurfürst in den Südwesten gebracht. Bereits seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts berichten Quellen davon, dass Hofgärtner die edle Stangenfrucht im Schwetzinger Schlossgarten kultivierten. Dass man Spargel noch heute als „königliches Gemüse“ bezeichnet, kommt nicht von ungefähr. Er blieb allein dem aristokratischen Gaumen vorbehalten. Der Zugang zu den Beeten war streng bewacht.

Auf Münchener Böden gedeiht kein Spargel

Als Carl Theodor 1778 seinen Hof nach München verlagerte, um das Erbe der Wittelsbacher anzutreten, endete der Spargelanbau in Schwetzingen vorübergehend. Erst im 19. Jahrhundert wurde er wieder aufgenommen. Auch der Kurfürst dürfte sein Lieblingsgemüse schmerzlich vermisst haben. Auf Münchener Böden gedeiht kein Spargel.

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