Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Ingenieurskunst in royalem Gemäuer: Historische Pläne zeigen, wie Bayerns König Ludwig II. bauen ließ
Stuttgart/München. Bayerns König Ludwig II. (1845-1886) mochte es bekanntlich modern und exquisit – wie sehr, davon zeugen neu aufgetauchte historische Pläne eines Stuttgarter Unternehmens zur technischen Ausstattung seiner Schlösser.
Ludwig ließ sich in Neuschwanstein über mehrere Stockwerke die aus England stammenden water closets (WC) mit fließenden Wasser einbauen. Das Wasser seiner farbig beleuchteten Venusgrotte in Schloss Linderhof sollte auf badefreundliche 28 Grad beheizbar sein. Dazu kamen ein Brunnen und ein Wasserfall auf Schloss Neuschwanstein.
Toiletten mit Spülung: Die Technik war auf allerhöchstem Niveau
Vor 150 Jahren bedeuteten Toiletten mit eingebauter Spülung und ein „Whirlpool“: Technik und Ingenieurskunst auf allerhöchstem Niveau, sagt Alexander Wiesneth, Hauptkonservator in der Bauabteilung der Bayerischen Schlösserverwaltung. Als Experte ist er für die Königsschlösser mit der Auswertung der rund 200 Installationspläne beauftragt. Von deren Existenz erfuhr er im vergangenen Herbst, als er für eine Publikation mehrere Unternehmen anschrieb, die beim Bau von Ludwigs Schlössern mitgearbeitet hatten.
Das Unternehmen, das heute „Gas- & Wasserleitungs-Geschäft GmbH Stuttgart“ heißt, setzte ab 1874 alles um, was sich Ludwig II. an technischen Finessen in Badezimmern, Küchen und Parkanlagen seiner Schlösser wünschte. Seitdem lagerten im firmeneigenen Archiv sämtliche Pläne, Gebrauchsanleitungen, Rechnungen und Schriftverkehr mit der Verwaltung des „Kini“.
Die Pläne seien „eine Sensation, ein krasser Glücksfall“, betont Wiesneth. Vor allem auch, weil sie so gut erhalten seien, zumal sie zwei Weltkriege und diverse Umzüge überlebt haben. In der Schlösserverwaltung sollen die Pläne nun restauriert, digitalisiert und wissenschaftlich ausgewertet werden, sagt Wiesneth.
Zu sehen ist auf den Plänen auch, dass mithilfe eines Heizraumes und Rohren das Wasser in der Venusgrotte auf Badetemperatur erwärmt werden konnte. Oder wie der Toilettengang von Ludwig II. auf Neuschwanstein ausgesehen haben könnte: Sobald man sich auf die hölzerne Toilettenschüssel setzte, startete mithilfe eines speziellen Mechanismus die Spülung. Die Spülkästen sind in den Plänen gut zu erkennen.
Der Transport war ein riesiger Aufwand
Allein der Transport der gefertigten Teile mit der Eisenbahn von Stuttgart zu den Schlössern sei ein riesiger logistischer Aufwand gewesen. Wie viel Geld Ludwig den Stuttgartern bezahlte, kann Wiesneth nur grob schätzen – wohl einen niedrigen sechsstelligen Betrag. Vergleichsweise wenig, verglichen mit den Summen, die Ludwig für Kunst aus aller Welt ausgegeben hatte.
Wie Ludwig II. auf das Stuttgarter Unternehmen aufmerksam wurde, ist derweil nicht bekannt. Vielleicht habe es auch am Preis gelegen, meint Wiesneth. Das Unternehmen habe – schwäbisch geschäftstüchtig – damit geworben, prompt und zum günstigsten Preis zu liefern. (epd)