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König Wilhelms Lieblingspferd: Warum Helenes Tod ein Politikum war

Eine weiße Schimmelstute namens Helene war das Lieblingspferd des württembergischen Königs Friedrich.
imago images/imagebroker)Stuttgart/Ludwigsburg. Es war eine außergewöhnliche Beziehung zwischen dem Monarchen und Helene: Dies war nicht der Name seiner Frau oder gar einer Geliebten, sondern der Name einer Schimmelstute. Alle hatten Angst, dem Landesherrn die Wahrheit über das Schicksal seiner Schimmelstute Helene zu sagen. Denn König Friedrich hatte gedroht, den Boten ihrer Todesmeldung in den Kerker werfen zu lassen.
Einer seiner Gärtner formulierte dann aber die traurige Wahrheit, allerdings ohne das Tabuwort in den Mund zu nehmen: „Sie frisst nicht, sie sauft nicht, sie schnauft nicht, Majestät“, klärten den Herrscher nach einer Anekdote auf.
„Dann ist sie ja tot“, soll sein Ausruf nach dieser Botschaft gewesen sein. Zu beklagen war am 20. Mai 1812 das Ableben des königlichen Lieblingspferdes, das im Alter von 27 Jahren gestorben war.
Auch eilig herbei gerufene Tierärzte hatten das Tier nicht mehr retten können. Im Schloss Freudental bei Ludwigsburg , dem Schauplatz des Geschehens, herrschte Trauer. Der Tod eines Menschen hätte dem Trauernden wohl nicht stärker zu Herzen gehen können.
Zwischen Reiter und Ross bestand ein ganz besonderes Verhältnis
Das treue Pferd war schon von Friedrichs Vater, dem kriegserprobten Herzog Friedrich Eugen geritten worden. Er war 1797 verstorben und hatte Helene seinem damals 43-jährigen Sohn und Thronnachfolger, ab 1806 württembergischer König von Napoleons Gnaden, vererbt.
Friedrich Wilhelm Karl von Württemberg (1754 bis 1816) war als Friedrich II. der fünfzehnte regierende Herzog von Württemberg, von 1803 bis 1806 auch Kurfürst und von 1806 bis 1816 als Friedrich I. der erste König von Württemberg. Zwischen dem Reiter und dem Ross bestand ein besonderes Verhältnis. Das Lieblingspferd wurde nicht nur von Hofmaler Johann Baptist Seele in voller Kraft und Schönheit auf Leinwand gebannt vor Schloss Monrepos inmitten einer Schar hoher Herren, Helene erhielt auch ein feierliches Begräbnis und einen Gedenkstein.
Die Freudentaler Dienerschaft musste dazu eine Grube ausheben und dem toten Tier wie einem fürstlichen Familienangehörigen dann die letzte Ehre erweisen.
Der trauernde Hinterbliebene auf dem Königsthron ließ an der Begräbnisstätte zudem ein Denkmal mit Zackenkrone und einer Inschrift errichten. Die ungewöhnliche Grabstätte für die Weggefährtin mitten in der Feldflur war zwar nicht annähernd so pompös wie das Mausoleum für Staatsminister Johann Karl von Zeppelin, stand jedoch wie dieses unter königlichem Schutz. Im Gegensatz zum Mausoleum für den „herzliebsten Freund“ hat das Denkmal für das Lieblingspferd allerdings den Spott der Untertanen getroffen. Wohl nur wenige Pferde wären in der Lage gewesen, das Gewicht von König Friedrich zu tragen.
Mit einer Körpergröße von mehr als zwei Metern zeichnete ihn in seiner Jugend zwar eine ansehnliche Statur aus. Bald wog er 200 Kilogramm und seine Figur wurde immer unförmiger. Hinter vorgehaltener Hand war er nur der „dicke Friedrich“. Deshalb kam der königliche Reiter bald nur mit Hilfe eines speziell für ihn gebauten Flaschenzuges in den Sattel.
Als auch das nicht mehr ging, hatte die gute Helene gelernt, in die Knie zu gehen, um Friedrich das Aufsteigen zu erleichtern. Das scheint dem König imponiert zu haben. Denn eine katzbuckelnde Umgebung war er, der in seinen Mitmenschen meist nur „Schurken“ und „Sünder“ sah, gewohnt. Sein Ableben im Oktober des Jahres 1816 löste daher nur wenig Anteilnahme aus.
Friedrichs Biograph Paul Sauer berichtet, dass die Behörden nach dem Tod Friedrichs nicht geringe Schwierigkeiten hatten, Freudenkundgebungen zu unterdrücken. Ein aufmüpfiger Untertan pinselte gar mit Ölfarbe auf das Pferdedenkmal: „Oh Schimmel / Kommst nicht in Himmel! Wird ein Frag sein / Kommt Dein Herr drein!“
Aus dem Gedenkstein wurde ein bäuerlicher Torpfosten
Thronnachfolger König Wilhelm I. ließ den Gedenkstein denn auch bald entfernen. Ein Bauer aus dem Nachbardorf Löchgau konnte ihn auf die Seite schaffen und als Torpfosten an seiner Hofeinfahrt eingraben.
Als die Gemeinde Freudental 1961 das Denkmal zurückkaufte und nach der Restaurierung am Stutenweg aufstellen ließ, meißelte Steinmetz Artur Gräf die unbotmäßige Unmutsäußerung eines Untertanen dauerhaft in den Stein. Dort hat sie sich bis heute auch erhalten.
Pferdezucht hat Tradition
Württembergische Pferde für Napoleons Feldzüge: Die Pferdezucht hat in Württemberg eine lange Tradition, geht doch der Name der Landeshauptstadt auf einen „Stutengarten“ zurück. Im 16. Jahrhundert begann das Gestüt Marbach auf der Schwäbischen Alb mit acht Pferden, Erfolge und Rückschläge blieben nicht aus. König Friedrich musste nach 1806 für die Kavallerie Napoleons Pferde liefern. Die Feldzüge dezimierten den Bestand erheblich. 1816 begann in Marbach eine neue Epoche.
