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Prädikant Matthäus Albe

Warum dieses eine Abendmahl vor 500 Jahren eine Revolution war

Es war eine kleine Revolution, als der Reutlinger Prädikant Matthäus Alber vor 500 Jahren erstmals zum gemeinsamen Abendmahl einlud.

Matthäus Alber war ein württembergischer Reformator. Als Prädikant führte er erstmals ein Abendmahl für alle ein.

Württembergische Landesbibliothek)

Reutlingen/Stuttgart. Vor 500 Jahren, am 14. August 1524, lud der Prädikant Matthäus Alber zum Abendmahl in beiderlei Gestalt nach Reutlingen ein. Das sei damals eine Sensation gewesen und habe Alber an den Rand des Ketzerei-Vorwurfs gebracht, teilte die württembergische evangelische Landeskirche in Stuttgart mit. Alber habe damit das sichtbare Symbol der Trennung der Gesellschaft in Geweihte und Nichtgeweihte überwunden.

Landesbischof Gohl: Es war viel Glaubensmut nötig

Bis dahin durften nur Kleriker aus dem Abendmahlskelch trinken. Doch Alber bot Brot und Wein für alle an, und er feierte die Messe auf Deutsch statt Latein. „Es war viel Glaubensmut nötig, so gefährlich nah an der Ketzerei zu agieren“, sagt Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl aus Anlass des Jubiläums.

Zur Feier hatten sich Menschen bis aus Esslingen und Herrenberg auf den Weg in die Freie Reichsstadt Reutlingen gemacht, die Marienkirche erwies sich als zu klein. Manche kamen wohl aus Sensationslust: Wird Alber es tatsächlich wagen, sich gegen Brauch und Recht der Kirche zu stellen und das Abendmahl so zu feiern wie die Ketzer in Böhmen und die geächteten Wittenberger?

1549 wurde Alber an die Stuttgarter Stiftskirche berufen

Alber entstammte einer bedeutenden Reutlinger Handwerkerfamilie. 1521 kehrte er mit einem Studienabschluss in Theologie nach Reutlingen zurück, um die neu geschaffene Ratsprädikatur anzutreten. Seine reformatorischen Predigten wurden von der Bürgerschaft und von Kollegen in der Stadt mit wachsender Zustimmung gehört. 1549 berief Herzog Ulrich den Prädikanten an die Stuttgarter Stiftskirche. In seinen letzten Lebensjahren wirkte er als Abt der Klosterschule Blaubeuren.

Ein halbes Jahr nach der skandalösen Feier musste sich Alber vor dem Reichsregiment in Esslingen verantworten. Dort wurde er unter anderem zu seiner Abendmahlspraxis befragt. Der kaiserliche Anwalt Kaspar Mart forderte, ein förmliches Gerichtsverfahren im Sinne des Wormser Edikts zu eröffnen. Doch wider Erwarten ließ das Reichsregiment den Prädikanten ziehen. (epd)

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