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Hermann Diem: Ein klarer Bekenner gegen die Nazis

Der württembergische Pfarrer und NS-Widerständler Hermann Diem.
epd/Landeskirchliches Archiv)Göppingen/Stuttgart. Dieser Kirchenmann riskierte sein Leben: Den Eid auf Adolf Hitler verweigerte er, Juden versteckte er vorübergehend im Pfarrhaus. Vor 50 Jahren, am 27. Februar 1975, ist der württembergische evangelische Pfarrer Hermann Diem gestorben.
Geboren im Jahr 1900, aufgewachsen in einer Stuttgarter Handwerkerfamilie, studierte Diem Theologie in Tübingen und strebt eine akademische Karriere an. Seine Doktorarbeit schreibt er über den dänischen Philosophen und Theologen Søren Kierkegaard, allerdings scheitert er gleich zweimal im Promotionsverfahren. So arbeitet er zunächst als Religionslehrer, bevor er 1934 eine Pfarrstelle in Ebersbach bei Göppingen antritt.
Der Theologe gab eine Erklärung ab, warum er den Eid verweigert
Dem Nationalsozialismus steht Diem von Anfang an ablehnend gegenüber. Und das nicht zuerst aus politischen, sondern aus theologischen Gründen. Als im Jahr 1938 die württembergische Kirchenleitung dann anordnet, dass die evangelischen Pfarrer einen Eid auf den Führer leisten müssen, verfasst der kritische Theologe eine Erklärung, warum er diesen Eid verweigert.
Unterschrieben wird das Dokument von 50 Mitgliedern der „Württemberger Kirchlich-Theologischen Sozietät“, einer dem Schweizer Theologen Karl Barth nahestehenden Bekenntnisgemeinschaft, die Diem 1936 gegründet hat und der er vorsitzt.
Der anschwellende Judenhass, der auch in der Kirche Resonanz findet, beunruhigt Diem zunehmend. 1941 ruft er Landesbischof Theophil Wurm dazu auf, sich öffentlich schützend vor die Juden zu stellen. Dem folgt der Bischof, der an anderen Stellen durchaus widerständig ist, allerdings nicht.
Im Jahr 1943 schreibt Diem den „Münchner Laienbrief“, der zum öffentlichen Protest aufruft.
„Als Christen können wir es nicht länger ertragen, dass die Kirche in Deutschland zu den Judenverfolgungen schweigt“, heißt es darin. Die Kirche habe im Namen Gottes und nicht „mit politischen Argumenten den Staat davor zu warnen, dass er ‚den Fremdlingen, Witwen und Waisen Gewalt antut’“, argumentiert der Theologe.
Diem beteiligt sich sogar an der hochriskanten württembergischen „Pfarrhauskette“. Evangelische Pfarrfamilien verstecken dabei Juden, die alle zwei Wochen den Unterschlupf wechseln und bei der Flucht in die Schweiz unterstützt werden.
Diem setzte sich für die Entnazifizierung der Kirche ein
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs gerät Diem selbst noch als Soldat in Italien in Kriegsgefangenschaft, kann dann aber nach Deutschland und in sein Pfarramt zurückkehren. An der Entwicklung der Kirche nimmt er weiterhin rege Anteil. So habe er sich für eine „konsequente Entnazifizierung der Kirche“ eingesetzt, schreibt der Kirchenhistoriker Siegfried Hermle.
Diem bekommt einen ersten Lehrauftrag an der Universität Tübingen, 1951 einen Ehrendoktor der Universität Göttingen, 1957 eine Fakultätsstelle für Systematische Theologie in Tübingen, 1964 dort eine Professur für Kirchenordnung. 1964/65 macht ihn die Universität zu ihrem Rektor. Tübingen ist auch der Ort, an dem er 1975 stirbt. (epd)