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Grabkapelle

Ein außergewöhnliches Denkmal der Liebe für die Ewigkeit

Viele Stuttgarter bezeichnen die Grabkapelle im Stadtteil Rotenberg als das schwäbische Taj Mahal. Heute ist das Mausoleum auf dem Württemberg vor allem Anziehungspunkt für Ausflügler und Touristen, die mit einem malerischen Blick aufs Neckartal belohnt werden. Vor 200 Jahren wurde das Monument nach vierjähriger Bauzeit fertiggestellt.

Zwischen den Jahren 1820 und 1824 wurde die Grabkapelle in Stuttgart nach Plänen des italienischen Hofbaumeisters und Stararchitekten Giovanni Salucci gebaut.

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Stuttgart. Einst stand auf dem Rotenberg in Stuttgart inmitten von Weingärten und 411 Meter über dem Meeresspiegel eine im Jahr 1080 erbaute Höhenburg, die Burg Wirtemberg. Diese galt als Stammsitz des Hauses Wirtemberg und diente später mit der Erhebung zum Königreich unter Napoleon als Namensgeber des Landes Württemberg in geänderter Schreibweise.

Dann kam im Jahr 1819 der frühe Tod der noch jungen Ehefrau von König Wilhelm I., der Zarentochter Katharina Pawlowna (1788-1819), die im Alter von nur 30 Jahren starb und damit die Geschichte des Württembergs veränderte. Denn dort war sie oft spazieren gegangen und hatte früh schon den Wunsch geäußert, dass sie dort oben irgendwann einmal begraben werden möchte.

Der König folgte ihrem Wunsch und ließ nach ihrem Tod die alte württembergische Stammburg abreißen und dafür ein „Monument der Liebe“ für seine verstorbene Gemahlin errichten, deren Sarg zuvor fünf Jahre lang in der Stuttgarter Stiftskirche lag. Am 5. Juni 1824 wurde dieser von dort ins Mausoleum überführt, vier Jahrzehnte später wurde auch König Wilhelm I. dort bestattet.

Ein weithin sichtbares Denkmal der großen Liebe

Die 1820 bis 1824 gebaute Grabkapelle auf dem Württemberg „ist ein weithin sichtbares Denkmal der großen Liebe des 28-jährigen Königs Wilhelm I. von Württemberg zu seiner jung verstorbenen Ehefrau Katharina Pawlowna. Für ihre Grablege ließ er die Stammburg seines Hauses aus dem 11. Jahrhundert abreißen und durch den klassizistischen Zentralbau ersetzen“, schreibt die Historikerin Regina Stephan in einem Beitrag für das Stuttgarter Stadtlexikon.

„Die Liebe höret nimmer auf“, so lautet eine aus dem Hohelied der Bibel stammende Inschrift, die gleich über dem Haupteingang des Baus steht, der von dem damaligen Baumeister und aus Florenz stammendem Giovanni Salucci (1769-1845) in antikem Stil geplant wurde, mit Portiken aus jeweils vier Säulen ionischer Ordnung und Freitreppen.

Sarkophage und Büsten in der Kapellengruft erinnern an vier Könige von Württemberg, Friedrich I. (reg. 1806-1816), Wilhelm I. (1816-1864), Karl (1864-1891) und Wilhelm II. (1891-1918). Doch das Monument erinnert auch an eine Zeit, die heute aufgrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine schier unvorstellbar ist, als nämlich die Beziehungen zwischen dem Königshaus Württemberg und dem russischen Zarenreich noch sehr eng und innig waren.

„Die Eheschließung festigte die dynastischen Beziehungen zwischen dem russischen Kaiserhaus Romanow und dem Haus Württemberg“, schreibt Stephan weiter. Davon wiederum zeugt auch die Kapelle, die innen als russisch-orthodoxes Gotteshaus mit Ikonen gestaltet wurde. Ein Doppelsarkophag des Königspaars steht in einer Nische.

„Katharina von Württemberg ist gesellschaftlichen Herausforderungen mit innovativen Ideen begegnet, die weit über die bloße situative Hilfe hinausgingen“, sagte Finanzminister Danyal Bayaz bei einem Festakt am Dienstag. Katharina habe gezielt in die Zukunft des Landes investiert, betonte Bayaz. „Es hat in der jüngeren Geschichte des Landes wohl kaum eine vergleichbare Persönlichkeit in verantwortungsvoller Position gegeben, die in so kurzer Zeit so viel bewegt hat. Katharina ist deshalb auch heute noch ein Beispiel für uns“, betonte der Finanzminister.

„Katharina hat Leuchtturmprojekte auf den Weg gebracht“, sagte Patricia Alberth, Geschäftsführerin der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg (SSG). Schließlich hat Katharina unter anderem den „Zentralen Wohltätigkeitsverein“ gegründet, in dem sie gemeinsam mit bürgerlichen Männern und Frauen an der Linderung der Not arbeitete. Außerdem zahlreiche weitere Institutionen wie etwa das Katharinenstift und das Katharinenhospital in Stuttgart, die Württembergische Landessparkasse sowie das Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg.

Sie war eine starke Persönlichkeit, aber keine Heilige

„Katharina war zwar keine Heilige, aber heute würde man vielleicht sagen eine sehr toughe Frau, einfach eine starke Persönlichkeit“, betonte die Publizistin und Autorin Susanne Dieterich. Gemeinsam mit ihrem Mann habe sie Württemberg modernisieren wollen vom Agrar- zum Industriestaat und sie habe durch ihr Engagement auch eine neue Sozialpolitik eingeführt.

„Katharina war zukunftsgewandt und hat Strukturen geschaffen, die nachhaltig wirken“, würdigte Janina Kugel, Managerin und Aufsichtsrätin der Boston Consulting Group, Katharinas Engagement. Schließlich, so Kugel, sei Katharina auch zur Staatschefin erzogen worden und, so Susanne Dieterich, sie habe mit ihrer Großmutter Katharina der Großen auch eine starke Persönlichkeit in der Verwandtschaft gehabt.

Nicht-öffentlicher Festakt und öffentlicher Festtag

Die Grundsteinlegung der Grabkapelle in Stuttgart erfolgte am 29. Mai 1820. 1824 wurde die Grabkapelle fertiggestellt. Anlässlich des Jubiläums luden die Staatlichen Schlösser und Gärten sowie Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) bereits am Dienstag dieser Woche zu einem nicht-öffentlichen Festakt mit Podiumsdiskussion ein. Am Sonntag, 9. Juni gibt es von 12 bis 19 Uhr einen Festtag auf dem Württemberg anlässlich 200 Jahre Grabkapelle und 200 Jahre Überführung des Sarges von Katharina dorthin.

Geplant sind beim Festtag Living-History-Sonderführungen, Workshops und ein Rahmenprogramm. Wer hingehen möchte, muss sich vorab anmelden unter info@grabkapelle-rotenberg.de

Bei einer Diskussion unterhalb der Grabkapelle mit Finanzminister Danyal Bayaz wurde das Wirken der ehemaligen Königin Katharina Pawlowna gewürdigt.

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