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Serie: Starke Frauen

Die Herzogin wollte mehr Gemüse

Sie war geschmackvoll und hoch gebildet: Die italienische Prinzessin Barbara Gonzaga, die mit Graf Eberhard V. verheiratet war.

Herzogin Barbara Gonzaga (links) auf einem Fresko von Andrea Mantegna. Foto: Wikimedia

Wikimedia)

Stuttgart. Die Hochzeit war vermutlich das rauschendste Fest, das Urach je gesehen hatte. Von 13 000 Gästen und 150 000 Litern Wein berichten die Quellen. Durch die Ehe zwischen Graf Eberhard V. und Barbara Gonzaga (1455-1503) bekam Württemberg-Urach im Jahr 1474 nicht nur eine neue Landesmutter. Mit der oberitalienischen Prinzessin hielt auch die Renaissance im noch spätmittelalterlichen Südwestdeutschland Einzug.

Sie war die erste Herzogin des wiedervereinigten Württembergs

„Sie war eine geschmackvolle und hoch gebildete Frau“, sagt Peter Rückert. Der Historiker und Leiter des Stuttgarter Hauptstaatsarchivs hat vor einigen Jahren eine Ausstellung über Barbara Gonzaga kuratiert, die nach dem Ende der Teilung zur ersten Herzogin des wiedervereinigten Württembergs aufstieg.

Ursprünglich entstammte sie dem traditionsreichen Adelsgeschlecht der Markgrafen von Mantua. Die Verbindung mit Eberhard erwuchs zunächst aus politischen Erwägungen. In Karl dem Kühnen von Burgund hatten Urach und Mantua einen gemeinsamen Feind. Trotzdem war es keine reine Zweckehe. „Eberhard hat sie wirklich geliebt“, glaubt Rückert.

„Madonna Barbara“, schrieb ihr Bruder Kardinal Francesco Gonzaga, könne sich „mit allen schönen Frauen Italiens“ vergleichen. Dass schon die 15- oder 16-Jährige Bella Figura zu machen wusste, bestätigt das Porträt, das Andrea Mantegna für den Palazzo Ducale von Mantua schuf.

Auch die Uracher Damen bewunderten die nach neuester italienischer Mode geschnittenen Kleider. Zugleich hat Eberhards schillernde Gattin Maßgebliches für den Wissenstransfer geleistet, indem sie zahlreiche Bücher aus Italien kommen ließ.

Württemberg verdankt der Markgrafentochter eine Reform der höfischen Tischsitten: Zum Beispiel brachte sie kleine Gabeln mit, um nicht mehr mit den Händen zu essen. Der Braten wurde „nach welscher Art“ geschnitten, also von Bediensteten an der Tafel tranchiert.

Allerdings traf die fleischlastige schwäbische Hofküche kaum den Geschmack der feinsinnigen Südländerin. „Ihr fehlte Gemüse“, weiß Rückert. „In einem Brief aus Urach bat sie die Mutter explizit um Spargelsamen.“ Die gediehen auf der Alb prächtiger, als man denkt. Wie Archäobotaniker bestätigen, wurde das Stangengemüse durch Barbara wieder bei Urach heimisch.

Das einfache Volk verehrte die Landesmutter wie eine Heilige. Sympathien erwarb sich die Herzogin nicht zuletzt durch ihr Engagement in einem spektakulären Justizfall. Eine Frau, die ihren gewalttätigen Mann getötet hatte, sollte hingerichtet werden. Barbara überzeugte Eberhard, die Verurteilte zu begnadigen.

Solidarität unter Frauen und ein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn

„Solidarität unter Frauen war ihr wichtig, als Feministin würde ich sie aber nicht bezeichnen“, erklärt Rückert. „Sie verfügte über einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Dasselbe hätte sie wahrscheinlich auch für einen Mann getan.“

Zuletzt wurde es stiller um die Herzogin, die darunter litt, Eberhard keinen Sohn geschenkt zu haben. Die Tochter wurde nur wenige Monate alt. Barbaras Wunsch, im Alter die Heimat wiederzusehen, blieb unerfüllt. Sie starb 1503 auf dem Böblinger Witwensitz. ( gl )

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