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Die heilkundige Herzogin Sibylla von Anhalt
Stuttgart. Zu den wenigen Objekten, die sich aus dem Besitz der Sibylla von Anhalt (1564-1614) erhalten haben, gehören zwei Trinkportale, auf deren Deckeln Prudentia hockt, die antike Verkörperung der Klugheit. Vor allem wusste die Gattin Herzog Friedrichs I. von Württemberg, theoretische und praktische Aspekte der Bildung zu verbinden.
Schon früh interessierte sie sich für Botanik und Chemie beziehungsweise Alchemie. Um Goldmacherei allerdings ging es Sibylla, anders als dem Gemahl, nicht. Ihre Absicht lag darin, Kranke und Notleidende mit Arzneimitteln zu versorgen.
Schon im Alter von dreizehn Jahren wurde sie Äbtissin
Geboren 1564 als Prinzessin von Anhalt-Bernburg, wird Sibylla bereits mit dreizehn Jahren Äbtissin des freistaatlichen Stiftes von Gernrode. Nach der Heirat mit Friedrich legt sie das Amt nieder und folgt ihrem Mann ins damals württembergische Mömpelgard, dann nach Stuttgart. In ihrem pharmazeutischen Engagement greift sie eine Tradition des Hauses Württemberg auf. Bereits 1550 hatte Anna Maria von Württemberg im Stuttgarter Alten Schloss eine Apotheke gegründet.
„Sibylla wurde wohl durch ihre Stiefmutter Eleonore von Württemberg für die Arzneikunde begeistert“, vermutet Rebecca Kowalski, Praktikantin im Landesmuseum. „Eleonore war nicht nur Sibyllas Erzieherin“, sagt die angehende Historikerin, „sondern auch Herausgeberin eines medizinischen Rezeptbuchs.“
Offiziell verbieten die Gesetze der frühen Neuzeit Frauen eine Ausbildung zur Apothekerin, aber sie fanden Wege, das patriarchale Berufsverbot zu umgehen. Sie ordnen ihre Tätigkeit der Krankenpflege zu. In diesem Bereich wird weibliche Arbeit akzeptiert. Zu ihrer Unterstützung engagiert die Herzogin die pharmakologisch ebenfalls bewanderte Pfarrerswitwe Maria Andreae als „Apothekermagd“. Die beiden „Kräuterweiber“ festigen den Ruf der Stuttgarter Hofapotheke als karitative Institution. Zugleich entsteht eine bedeutsame naturwissenschaftliche Bibliothek.
Als Friedrich I. 1608 stirbt, zieht sich Sibylla nach Leonberg zurück. Auch auf dem Witwensitz arbeitet die nun ehemalige Landesmutter weiter an Pulvern und Tinkturen. Davon zeugt bis heute der Leonberger Pomeranzengarten, den Sibylla gemeinsam mit dem Architekten Heinrich Schickhardt geplant hat.
Viele Blumen, Kräuter und Gewürze sorgen für ein Duftkonzert
„Die Pflanzen“, sagt Kowalski, „wurden auch nach der medizinischen Verwendbarkeit ausgewählt.“ Neben den in Kübeln gezogenen Bitterorangen sorgt eine Vielzahl von Blumen, Kräutern und Gewürzen für ein opulentes Duftkonzert. Mit der geometrischen Grundstruktur gilt der Garten als eine der bedeutendsten botanischen Anlagen aus der Zeit der deutschen Renaissance.