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Bereits vor drei Jahrhunderten gab es „THE Start-up LÄND“
Stuttgart/Karlsruhe. Die neue französische Wirtschaftspolitik des Merkantilismus fand auch rechts des Rheins Nachahmer: Schlossbauten, Hofhaltung, Mätressen- und Günstlingswirtschaft, ein stehendes Heer und nicht zuletzt die Folgen des Dreißigjährigen Krieges und weiterer Verheerungen verursachten auch hierzulande immense Kosten.
Das herkömmliche Abgabensystem, vielfach auf Besitz, Naturalabgaben und Frondiensten basierend, setzte Grenzen, neue Quellen für die Aufbesserung der Staatsfinanzen mussten her.
Der in Frankreich praktizierte Merkantilismus schien die Lösung zu sein, in Deutschland als Kameralismus oder zutreffend und nicht beschönigend „Fürstenwohlstandslehre“ bezeichnet. Sein Prinzip: Steigerung des Außenhandels und Einfuhrbeschränkungen zur Verbesserung der Handelsbilanz.
Absolutistisch regierende Landesherren fanden Gefallen daran, mit ihrer Macht das Wirtschaftsleben zu beeinflussen und die Produktion erwünschter Waren in Manufakturen durch Monopole, Zölle, Privilegien und Subventionen zu fördern. Auch die wachsende Bevölkerungszahl nach dem Verlust an Menschen durch den Dreißigjährigen Krieg zwang zu Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen durch eine florierende Wirtschaft. In Württemberg wurden im Jahr 1750 rund 460 000 Einwohner gezählt, 1697 waren es gerade einmal 284 000 gewesen.
Herzog Eberhard Ludwig wollte eine neue „Landes-Oeconomie“
Als erster Landesfürst im Deutschland der Kleinstaaten machte der württembergische Herzog Eberhard Ludwig den Versuch, die „Verbesserung unserer Landes-Oeconomie“ systematisch in die Administration einzugliedern.
Damit das „Gelt nicht ausser Landes geführet werden möge“, etablierte er 1709 einen „Commercien-Rath“, der für „Commercia, Manufacturen, Zucht-, Arbeit- und Waisen-Hauß“ zuständig war. Auch um die Infrastruktur, häufig ein Hemmnis für den Warentransport, sollte er sich kümmern, insbesondere um das Post – und Straßenwesen. Der Erfolg war – so der Historiker Bernd Wunder – im rohstoffarmen Württemberg jedoch bescheiden.
Ein Beamter wurde aktiv. Der Sulzer Oberamtmann Johann Friedrich Müller blieb allerdings eine Ausnahme. In seiner 1762 anonym erschienenen Schrift „Zufällige Gedanken von Anlegung mehrerer Manufacturen und Fabriken“ nannte er notwendige Voraussetzungen: Standorte „ohne allzugroße Pracht und Feyheiten“, jedoch anziehend auch für fremde Arbeiter und Künstler, bequeme Transportwege und Rohstoffe in der Nähe. Zu fördern seien „Manufakturen und Fabriken“ für wenigstens zehntausend Menschen, die sonst dem Staat zur Last fallen würden.
Nach und nach etablierte sich die arbeitsteilige Produktionsweise jenseits der traditionellen, oft unflexiblen Handwerkerzünfte. Dem Wirtschaftsförderer Müller ging es weniger um die „Erfindungskunst“, berühmte Manufacturen sollten „bestmöglich nachgeahmt“ werden.
Luxusgüter wie Porzellan, Fayencen und Seidenstoffe für ausländische Fürstenhöfe standen ganz oben auf den Produktionslisten. Manufakturen überlebten nur mit Zuschüssen prunkliebender Landesherren und waren oft von wenigen Kunden abhängig.
In der Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden dann Luxusunternehmen unter anderem in Ludwigsburg, Crailsheim, Göppingen, Gengenbach und Mosbach. Gründer waren meist ausländische Spezialisten. Gesucht wurden sie durch Annoncen in Zeitungen, so für das markgräfliche Baden-Baden, wo ein Straßburger Porzellanmeister den 1771 übernommenen Betrieb bereits sechs Jahre später wieder aufgab.
Glaubensflüchtlinge hatten Erfahrung mit dem Seidenspinner
Auch für Seidenstoffe brauchte man das Know-how landfremder Fachkräfte. Glaubensflüchtlinge aus Savoyen-Piemont hatten Erfahrung mit der Züchtung von Raupen des Seidenspinners und wussten, wie man die aus dem Kokon nach Abtötung der Tiere gewonnenen Fäden verarbeitet.
Nahrung der Raupen waren ausschließlich Blätter der Maulbeerbäume. Obwohl in Massen angepflanzt, kam ihr Anbau nicht in Schwung. Mangelhafte Baumpflege, klimatische Bedingungen und die Ablehnung von allem „Französischen“ nach der Revolution 1789 beschleunigten den Niedergang.
Ein Ökosystem für Start-up Hotspots
Seit 2015 fasst das Eschborner RKW- Kompetenzzentrum unter dem Begriff „Start-up-Öko-System“ die Gesamtheit der Kräfte für gründerfreundliche Voraussetzungen zusammen, so auch „THE Start-up LÄND“. Ohne Anglizismen geht es dabei nicht. Selbst die Fassung in „Leichter Sprache“ kann darauf nicht verzichten und formuliert: Up2B Sales Booster, Start-up Accelatoren und Famales Favour(IT)e Conference. Termine im Veranstaltungskalender lauten unter anderem „Start-up WOW Challence“ in Aalen, Preisverleihung der „German Startup Awards“ im Berliner Tipi-Zelt oder Start-upBW Elevator pitch. Auffallend schlicht formuliert ist dagegen der Termin „Verleihung Landespreis für junge Unternehmen“ am 26. November im Stuttgarter Neuen Schloss.