Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Die Sprengung des Rumpfparlaments markiert das Ende der Revolution
Stuttgart. Die Nationalversammlung, das erste gesamtdeutsche 1848 gewählte Parlament, hat Ende März 1849 seine zentrale Aufgabe erledigt und eine kleindeutsch-preußische Reichsverfassung verabschiedet. Somit soll der preußische König Friedrich Wilhelm IV. die Kaiserkrone übernehmen. Doch lehnt dieser aus Gründen seines monarchischen Selbstverständnisses die ihm angebotene Krone am 28. April 1849 ab. Für Friedrich Wilhelm IV. kommt eine Wahl zum Kaiser nur aus den Reihen der deutschen Fürsten, nicht aber durch ein bürgerlich geprägtes Parlament in Frage.
Aufstände in der Pfalz und in Baden zugunsten der Reichsverfassung
Damit ist die Verfassungsbewegung in eine Krise geraten, die die Nationalversammlung zu bewältigen sucht, indem sie am 4. Mai 1849 die Bevölkerung zur Durchsetzung der Reichsverfassung auffordert und zugleich Wahlen für einen ersten Reichstag ausschreibt. Im zeitlichen Umfeld dieses Aufrufes der Nationalversammlung kommt es dann in Dresden und später in der Pfalz sowie in Baden zu Aufständen zugunsten der Reichsverfassung.
Der Dresdner Aufstand wird jedoch durch preußisches Militär rasch niedergeschlagen. Auch missbilligt der im Jahr zuvor von der Nationalversammlung eingesetzte Reichsverweser, Erzherzog Johann, den jetzt von der Paulskirche eingeschlagenen Kurs als Weg in den Bürgerkrieg und versucht nichts, um gegen das Vorgehen der Preußen in Sachsen vorzugehen. Folglich wird er nunmehr von der Nationalversammlung als Feind angesehen.
Die Nationalversammlung ihrerseits schrumpft ab Anfang Mai zahlenmäßig immer weiter zusammen, da viele große Staaten, die die Reichsverfassung nicht anerkennen wie etwa Preußen, Hannover oder Bayern ihre Abgeordneten abberufen und auch viele liberale Parlamentarier eine gewaltsame Durchsetzung der Reichsverfassung scheuen und daher ihre Mandate niederlegen. Statt ursprünglich 450 sind bald nur noch hundert meist demokratisch gesinnte Abgeordnete in Frankfurt versammelt. Diese müssen zudem befürchten, durch preußische Soldaten, die auf dem Weg zur Niederschlagung des badischen Aufstandes sind, auseinandergejagt zu werden.
Jetzt beschließt die Nationalversammlung, die Übersiedlung nach Stuttgart, der Hauptstadt des größten von 29 deutschen Staaten, der die Reichsverfassung anerkannt hatte. Hier wählt sie, die aufgrund ihres Mitgliederschwundes von ihren Kritikern nur noch als Rumpfparlament bezeichnet wird, eine Reichsregentschaft an Stelle des bisherigen Reichsverwesers. Gleichzeitig versucht sie die Truppen Württembergs zu mobilisieren und eine Volkswehr auszuheben, mit deren Hilfe sie den Kampf um die Reichsverfassung gegen die gerade nach Baden vordringenden Preußen aufnehmen will.
Dies trifft jedoch auf den entschiedenen Widerspruch des leitenden württembergischen Ministers Friedrich Römer, der allenfalls für eine friedliche Durchsetzung der Ziele der Nationalversammlung zu gewinnen gewesen ist und der zugleich unter massivem Druck Preußens steht, das damit droht, in Württemberg zu intervenieren, falls Römer weitere Tagungen der Nationalversammlung in Stuttgart zulässt.
Es kommt zur „Sprengung“ des Rumpfparlamentes
Unter diesen Voraussetzungen kommt es zur „Sprengung“ des Rumpfparlamentes – die Abgeordneten der Nationalversammlung werden auf dem Weg zu ihrem letzten Sitzungslokal an der Ecke Hohestraße / Lange Straße durch württembergisches Militär auseinandergetrieben. Die Abgeordneten können sich nur noch ins Hotel Marquardt zurückziehen und ein Protokoll über das Vorgefallene erstellen. Zu weiteren ursprünglich angesetzten Tagungen der Nationalversammlung kommt es angesichts der Niederschlagung der badischen Revolution durch preußische Truppen nicht mehr.
Die „Sprengung des Rumpfparlaments“ bedeutet somit neben der wenig später erfolgten Kapitulation der badischen Revolutionäre in Rastatt das Ende der Revolution von 1848/1849.