Interview Iris Rauskala

Ist der öffentliche Dienst wieder interessant?

Die öffentliche Verwaltung hat kein gutes Image - oder etwa doch? - Iris Rauskala, Rektorin der HVF Ludwigsburg hat eine eindeutige Meinung.

Iris Rauskala Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen, Ludwigsburg

IMAGO / Achim Zweygarth)

Simone Rehmann, Studentin der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg interviewt Rektorin Iris Rauskala.

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Simone Rehmann: Was hat dem öffentlichen Dienst/der Verwaltung im Ansehen geschadet?

Iris Rauskala: Es gibt einen Unterschied zwischen Bund/ Land / Kommunen, das kann man nicht in den gleichen Topf werfen; außerdem ist fraglich, wieweit Menschen zwischen Politik und Verwaltung konkret unterscheiden; es wird über zu viel Bürokratie genörgelt, aber dazu tragen letztlich wir alle bei, wenn wir für uns selbst Einzelfallgerechtigkeit fordern oder die Gesellschaft sich immer weiter dahin bewegt, null Risiko in der eigenen Lebensführung zu akzeptieren. Diese Haltung führt notwendigerweise zu mehr Gesetzen, die mehr Bürokratie im Vollzug auslösen. Das will man immer dann, wenn es um einen selbst geht, ungern hören.

Dazu kommt eine mangelhafte technische Ausstattung und mangelhaft automatisierte Prozesse. Die Ursachen dafür zu verstehen bzw. Lösungen zu finden, ist aber alles andere als einfach, beginnend beim Föderalismus und der Kompetenzverteilung bis hin zur Verwaltungsorganisation müsste man viele Aspekte ansprechen

In welchen Aufgabenfeldern sehen Sie Möglichkeiten, Verbesserungen zu erreichen, so dass der öffentliche Dienst wieder interessanter wird?

Hinter der Aussage steckt offenbar die These, dass der öffentliche Dienst derzeit nicht interessant ist; der Staatsanzeiger schrieb aber selbst im Oktober, dass jeder 4. Studierende in den öffentlichen Dienst will. So uninteressant kann er also nicht sein.

Ist die Modernisierung der Arbeitsweise etwas, das die Verwaltung/den öffentlichen Dienst weiterbringt?

Die Digitalisierung ist insgesamt ein Thema, auf dem einiges vorwärtsgebracht werden muss, im Frontoffice-Bereich genauso, wie im Backoffice; medienbruchfreie, digitalisierte Prozesse für den Bürger/die Bürgerin bedeute auch durchgehend digitales Arbeiten für die Verwaltung.

Welche Fähigkeiten/ Fertigkeiten können geschult werden?

Der Bedarf der Kommunen geht nicht zwangsläufig deckungsgleich einher mit den Schulungswünschen der Mitarbeitenden.                                      

Muss die Verwaltung nicht mehr an ihrem Image arbeiten?

Wenn man ehrlich sein will, kommt das stark auf die eigenen Erfahrungswerte an. Eine nicht-digitalisierte Verwaltung, wo ich Formulare herunterladen, händisch ausfüllen, unterschreiben und dann in der Amtsstube abgeben muss, stört mich weniger, wenn ich eine freundliche Ansprechperson im Bürgerservice vorfinde. Dass die meisten Anliegen der Bürgerinnen und Bürger mittlerweile digital erledigt werden könnten, vergisst man da aber schon wieder – was man in der Wirtschaft längst erwarten würde. Die Wahrnehmung der Servicequalität zwischen öffentlicher Verwaltung und Privatwirtschaft klaffen scheinbar auseinander. De facto gibt es auch in der Privatwirtschaf schlecht laufende Prozesse.  

Wer ist bei der Öffentlichkeitsarbeit und Pflege des Images besonders gefordert?

Das ist nicht so einfach, da die Verwaltung nicht wie ein privatwirtschaftliches Unternehmen funktioniert, d.h. nichts zu verkaufen hat und daher auch – mit Ausnahme der Aufgabe, ihre Stellen nachzubesetzen – wenig Legitimation hat, für sich zu werben. Die Verwaltung ist der verlängerte Arm der Politik (Exekutive) im Vollzug der Gesetze und ist vom Steuerzahler finanziert. Da ist jeder Cent zu rechtfertigen.

Ist die Darstellung des öffentlichen Dienstes/Verwaltung in der Öffentlichkeit ausreichend?

Wahrscheinlich nicht, aber die Verwaltung hat weder den politischen Auftrag, noch die Mittel, für sich selbst zu werben, oder auf den Meinungsbildungsprozess einzuwirken; sie ist dafür da, die Gesetze zu vollziehen. Sie wirbt für sich ja in den seltensten Fällen, z.B. bei der Rekrutierung neuer Mitarbeitenden. So lange die Dienstherren der Verwaltung – die Politik – nicht aufhören, regelmäßig das Bürokratiemonster heraufzubeschwören, und die Medien regelmäßig zwar jede Fehlleistung anprangern, aber gar nicht so recht Interesse daran zu bestehen scheint, anzuerkennen, dass vieles leise und gut funktioniert, wird es um das Image eher schlecht bestellt sein.

Sind die Abläufe/Vorgänge, die bearbeitet werden, ausreichend effizient?

Das kommt auf die jeweilige Kommune und den jeweiligen Aufgabenbereich an; im internationalen Vergleich tendenziell eher nicht.

Wie sieht es beim Abbau der Bürokratie in Baden-Württemberg aus?

Die Entlastungsallianz für Baden-Württemberg hat mittlerweile zwei Entlastungspakete mit 120 Maßnahmen erarbeitet (nachzulesen unter stm.baden-württemberg.de).

Wie kann die Sinnhaftigkeit der Arbeit gesteigert werden?

Das suggeriert, dass die Arbeit derzeit nicht sinnhaft ist; das steht jedoch im Gegensatz eines Artikels im Staatsanzeiger und auch im Unterschied dazu, dass der öffentliche Dienst in der Lage ist, Menschen für sich zu gewinnen, die am Gemeinwohl orientiert sind (und nicht nur an der Optimierung des eigenen Profits).

Quelle/Autor: Simone Rehmann

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