Zahl junger Polizisten mit Migrationshintergrund steigt
Stuttgart. In großer Übereinstimmung haben die Fraktionen im Landtag ihre Zufriedenheit darüber zum Ausdruck gebracht, dass sich mehr und mehr junge Menschen mit Migrationshintergrund in Baden-Württemberg für den Polizeidienst bewerben.
Gaben bei den Einstellungen in den Polizeidienst in den Jahren 2009 bis 2011 noch 16,8 Prozent der Befragten an, einen Migrationshintergrund zu haben, waren es bei der Befragung der im März 2012 eingestellten Polizeianwärter bereits 22,2 Prozent. Dazu kommt ein steigender Anteil von Bewerbern und Polizeibeamten ohne deutschen Pass. Diese Zahlen nannte Innenminister Reinhold Gall (SPD) in seiner Antwort auf einen Berichtsantrag der SPD-Fraktion.
Pilotprojekt in Mannheim gestartet
Für die SPD-Fraktion bezeichnete der Abgeordnete Nikolaos Sakellariou es als wünschenswert, wenn letztlich jeder vierte Polizeibeamte einen Migrationshintergrund hätte. „Der Anteil der Bevölkerung mit nicht-deutschen Wurzeln liegt in Baden-Württemberg bei knapp 26 Prozent,“ so Sakellariou, „es wäre der Idealfall, wenn sich dies auch im Polizeidienst widerspiegeln würde.“ Das Ziel müsse es sein, den Anteil weiter zu erhöhen. „Mit mehr Migranten haben wir die Chance, die polizeiliche Arbeit im Tagesgeschäft zu verbessern.“
Als Beispiel für steigenden Bedarf nannte Sakellariou die Stadt Mannheim mit ihrem hohen Migrantenanteil, unter deren insgesamt 1200 Polizisten bis vor einiger Zeit lediglich 40 Beamte dienten, die einen Migrationshintergrund hatten. Mannheim hat inzwischen ein Pilotprojekt gestartet, das junge Migranten direkt anspricht und zur Bewerbung für die Polizei auffordert.
CDU: Keine Abstriche bei den Deutschkenntnissen
Als Bürgerpolizei bezeichnete der CDU-Abgeordnete Thomas Blenke die Beamten in Baden-Württemberg. Im Gegensatz zur SPD halte aber die CDU eine feste Quote von Beamten mit Migrationshintergrund im Polizeidienst nicht für zielführend. „Wir wollen nicht, dass sich Polizisten als Quotenpolizisten fühlen“, so Blenke. Kritisch bewerte die CDU allerdings eine Überlegung des Innenministers vom vergangenen Herbst, wonach es zu überlegen sei, bei der sprachlichen Qualifikation von Bewerbern mit Migrationshintergrund Abstriche zu machen. „Wer in den Polizeidienst einsteigen will, muss die gleichen Voraussetzungen erfüllen wie alle anderen. Und dazu gehört die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift.“ Der Einstellungstest müsse für alle gleich sein.
Dass die Polizei in Baden-Württemberg die Zeichen der Zeit früh erkannt habe und bereits 1993 den Weg für nicht-deutsche Staatsangehörige in den Polizeidienst freigemacht habe, lobte für die Fraktion der Grünen die Abgeordnete Petra Häffner. „Das ist ein Zeichen dafür, dass Integration gelungen ist“, sagte Häffner, „und es ist ein Zeichen für andere, dass sie es schaffen können.“ Häffner lobte ebenfalls das Pilotprojekt der Polizeidirektion Mannhein. „Mehr interkulturelle Kompetenz in der täglichen Polizeiarbeit ist ein großer Gewinn.“ Allerdings wollten Migranten nicht als Exoten, sondern auch als Polizisten als ganz normale Kollegen wahrgenommen werden.
Gall: Polizei hat Thema schon früh erkannt
Auch die FDP begrüßt diese Entwicklung. „Wir wollen nicht, dass Migranten in dem Land, in dem sie leben, nicht in der öffentlichen Verwaltung vorkommen“, sagte der FDP-Abgeordnete Ulrich Goll. „Wir sind auf einem guten Weg, und das ist erfreulich.“
Ebenso erfreut zeigte sich Innenminister Reinhold Gall (SPD) über den breiten Konsens zu diesem Thema unter den Landtagsfraktionen, lobte aber auch die Weichenstellung der Polizeiverantwortlichen in den vergangenen Jahren. „Der Polizei muss man bei diesem Thema nicht auf die Sprünge helfen, das Thema wurde schon früh erkannt.“ Das Land könne eine bürgernahe Polizei nur gewährleisten, wenn diese die Gesellschaft widerspiegele. „Das hat auch eine Vorbildfunktion.“