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Wasserstoff: Chancen und Risiken einer Zukunftstechnologie
Stuttgart. Die CDU sieht in der Produktion von grünem Wasserstoff ein Geschäftsmodell für Baden-Württemberg. Dies wurde am Mittwoch im Landtag deutlich. Wie ein Appell klang der Titel der von der Fraktion beantragten aktuellen Debatte. „Wasserstoffland Baden-Württemberg – Turbo für wirtschaftliches Wachstum, Industrie und Maschinenbau einlegen“. Für ihren Abgeordneten Raimund Haser steht das Land an einem Punkt, der vergleichbar ist mit der Ausgangsposition zur Zeit der Erfindung des Automobils durch Carl Benz. Haser forderte einen Investitionsturbo für Elektrolyseure zur Herstellung von Wasserstoff. Gerade beim Thema Elektrolyse und beim Thema Wasserstoff müssen wir das Licht einschalten“, forderte er. Auf das vom Bund geplante Kernnetz zu warten sei ein großer Fehler.
Die AfD sieht darin einen Irrweg. Bei 15 bis 18 Prozent Wirkungsgrad des Wasserstoffes könne man nicht von der „Rettung Baden-Württembergs“ sprechen, wetterte Ruben Rupp. Er sieht einen „ungebremsten Abstieg einer einst starken Wirtschaft“. Boris Weirauch (SPD) warnte dagegen davor, dass das Land bei Wasserstoff als zentraler Zukunftsenergie drohe, ins Hintertreffen zu geraten. Er verwies darauf, dass nur ein Prozent des Bedarfs über Elektrolyseure im Land produziert werde.
Bedarf steigt laut Umweltministerium bis 2040 auf 91 Terawattstunden
Auch für Nikolai Reith (FDP) ist der angekündigte Turbo schon beim Beginn ins Stottern geraten. Grüner Wasserstoff sei für die Energiewende unverzichtbar. Und eine Wasserstoffinfrastruktur sei für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts entscheidend. Reith erinnerte daran, dass laut der Bedarfsabfrage des Umweltministeriums „wir viel früher als gedacht mehr Wasserstoff brauchen“. Die Prognose liege 2032 bei 32 Terawattstunden, 2035 bei 73 und 2040 schon bei 91. Er plädierte für einen großen Wasserstoffverbund. Es brauche mehr als ein klares Bekenntnis zum Wasserstoff.
Für Jutta Niemann (Grüne) setzt das Land mit der Einsparung von Energie, dem Ausbau der erneuerbaren Energien und Förderung von grünem Wasserstoff die richtigen Rahmenbedingungen. Sie versicherte, dass die Verfügbarkeit von Wasserstoff da sichergestellt werde, wo es keine Alternative gebe.
Umweltministerin lobt Bund, der schon 20 Milliarden Euro investiert habe
Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) sieht in der Entwicklung der Wasserstofftechnologie ein Umsatzpotenzial von fünf Milliarden Euro und 16500 zusätzliche Arbeitsplätze im Land. Die Technologe, die weltweit für Wasserstoffversorgung gebraucht wird soll nach ihrer Ansicht nach möglichst aus Baden-Württemberg kommen. Walker verwies darauf, dass das Land bereits 500 Millionen Euro in den Hochlauf der Wasserstoffindustrie investiert habe. Für absolut notwendig hält sie es, Hubs für Elektrolyseure aufzubauen. Nach Ansicht von Walker ist der Ausbau der Infrastruktur dringend nötig, damit überall im Land Wasserstoff verfügbar ist. Positiv vermerkte sie, dass der Bund in 10.000 Kilometer Fernnetz schon 20 Milliarden Euro investiert habe.
Der AfD-Abgeordnete Uwe Hellstern bezeichnete in einer weiteren Debatte am selben Tag zum selben Thema die Wasserstoffwirtschaft als „völlig unausgegoren und ökonomisch unsinnig“. Als er der Regierung vorwarf, dass sie mit ihrer Wasserstoffwaffe den Endsieg der Großen Transformation erringen wolle und dies brandgefährlich nannte, gab es entschiedene Proteste aus den Reihen der Abgeordneten wegen der Wortwahl und eine Ermahnung durch Sitzungsleiter Wolfgang Reinhart (CDU).
AfD warnt vor Auswirkungen des Wasserstoffs auf die Atmosphäre
Hellstern bemängelte in der Debatte zum Thema „Auswirkungen einer Wasserstoffwirtschaft auf die Atmosphäre“, die die AfD beantragt hatte, dass keine Technikfolgenabschätzung gemacht worden ist. Er verwies auf eine Veröffentlichung der britischen Regierung, in der dargestellt werde, welcher zusätzliche Treibhauseffekt auf die Freisetzung einer bestimmten Menge an Wasserstoff folgt. Diese verlängere vor allem die Lebensdauer des Super-Treibhausgases Methan, erläuterte der AfD-Abgeordnete. Seiner Ansicht nach dürfte diese Risikotechnologie nicht zugelassen werden. Er wies darauf hin, dass der Rest der Welt in Dubai bei der COP 28 gerade wieder bekräftigt habe, verstärkt auf Kernenergie zu setzen, „vor allem unsere europäischen Nachbarn“.
Jutta Niemann (Grüne) räumte zwar ein, dass es indirekte Effekte von Wasserstoff in der Atmosphäre gibt. Diese Effekte seien aber viel geringer als bei fossilen Energien. Sie betonte, dass es völlig eindeutig sei, dass in der Energiewirtschaft die Methanleckagen vor allem bei der Förderung, dem Transport, der Verbrennung von Kohle, Erdgas und Öl auftreten. Und es ist laut Niemann völlig eindeutig bewiesen, dass Methan ein absoluter Klimakiller ist. Deshalb ist es für sie klar, dass „wir so schnell wie möglich aussteigen müssen“.
Umweltstaatssekretär: Klimaneutralität geht nur mit Wasserstoff
Tobias Vogt (CDU) bekräftigte, dass die Regierung Wasserstoff massiv ausbauen wolle. Fakt sei, dass die Wasserstofftechnologie weltweit mit Hochdruck weiterentwickelt wird. Wasserstoff hat für Vogt ein enormes Potenzial und gegenüber anderen Energieträgern glasklare Vorteile. Katrin Steinhülb-Joos (SPD) stellte sich an die Seite von Grünen und CDU. fest, „Wir als Demokratinnen und Demokraten werden gemeinsam fest entschlossen handeln, weil uns klar ist, dass wir die Energiewende in allen Wirtschaftsbereichen brauchen, beim Strom, in der Wärmeversorgung und bei der Mobilität“, sagte sie. Für Daniel Karrais (FDP) ist die Argumentation der AfD unterirdisch. Die Fraktion stelle Behauptungen auf und baue sich eine Welt aus alternativen Fakten zusammen.
Von Seiten der Landesregierung stellte Umweltstaatssekretär Andre Baumann (Grüne) klar, dass nur mit Wasserstoff der Weg in eine klimaneutrale Zukunft erfolgreich zu gestalten sei. Nur damit könnten Wettbewerbsfähigkeit, Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Baden-Württemberg gesichert werden. Auch er räumte ein, dass Wasserstoff aus Pipelines entweichen kann, wenn es Leckagen an der Pipeline gibt. Wasserstoff könne auch in der Atmosphäre mit anderen Gasen reagieren. Das wird laut Baumann beachtet. Deshalb gelte es Wasserstoffleckagen zu vermeiden.