Verkehrsminister Hermann hofft auf günstiges Urteil zu Fahrverboten
STUTTGART. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sieht sich aus rechtlicher Sicht nicht in der Lage, dem Antrag der FDP-Fraktion, weitere Fahrverbote abzuwenden, nachzukommen. Eine Verschärfung der Fahrverbote hält die FDP für unverhältnismäßig. Jochen Haußmann forderte vom Minister, „auf streckenbezogene Fahrverbote für Euro-5-Diesel ganz zu verzichten“.
Trotz Rückgangs des Verkehrs im Zuge der Corona-Krise seien die Messwerte am Neckartor nicht zurückgegangen, sagte der FDP-Abgeordnete. Das belege, dass der Verkehr keine so große Rolle bei der Luftverschmutzung spiele, wie behauptet. Er warf dem Minister vor, „für Verunsicherung bei Autobesitzern und Pendlern zu sorgen“, wenn er keine Entscheidung treffe. Er berief sich auf Umweltminister Franz Untersteller (Grüne), der gesagt hatte, dass nach seiner Ansicht Fahrverbote in Stuttgart erledigt seien.
Hermann verwies auf das ausstehende Urteil des Mannheimer Verwaltungsgerichts. Dort habe das Land beantragt, die ursprünglich vorgesehene große durch eine kleine Umweltzone zu ersetzen. Bis zu einem Urteil wolle er keine Entscheidung treffen, bekräftigte Hermann und verwies im gleichen Atemzug auf die bisherigen Erfolge der Maßnahmen zur Luftreinhaltung.
CDU: "Fahrverbote wären gerade jetzt ein falsches Signal"
Für Thomas Dörflinger (CDU) erledigt sich die Diskussion über weitere Fahrverbote beim Blick auf die guten Messwerte. „Die innovativen Maßnahmen wirken sich positiv aus“, sagte Dörflinger. Für ihn wären „Fahrverbote gerade jetzt ein falsches Signal“. Die CDU setzt „auf Innovationen statt auf Verbote“, fügte er hinzu. Man dürfe nicht weiter am Ast säge, auf dem viele Baden-Württemberger setzen, sagte er im Blick auf viele 100.000 Beschäftigte in der Automobil- und Zulieferindustrie.
Für die Grünen verwies Daniel Renkonen darauf, dass sich der Luftreinhalteplan der Regierung an der Rechtsprechung der EU orientiere. Diese werde durch die Corona-Krise nicht außer Kraft gesetzt. Deshalb sei es nicht möglich, weitere Fahrverbote einfach außer Kraft zu setzen. Er rief dazu auf, nicht in Populismus zu verfallen und eine voreilige Debatte zu führen.
Aus Sicht von Ramazan Selcuk (SPD) atmen die Menschen in Stuttgart immer noch dreckige Luft ein. Dies hält er für bedenklich. Er verwies auf eine Studie, die zeigt, dass Menschen bei schlechter Luft häufiger an Corona erkranken. Für die Entscheidung über Fahrverbote müsse der Jahresmittelwert die Basis sein. „Wer die Rückkehr zum Individualverkehr beschwärt, ist auf dem Holzweg“, betonte Selcuk. „Eine Abkehr vom Klimaschutz auf dem Rücken der Corona-Krise wird es mit der SPD nicht geben!“, bekräftigte er.
Die AfD will eine „ideologiefreie wissenschaftliche Untersuchung“ aller Schadstoffwerte. Hans-Peter Stauch forderte eine Neubewertung der Fahrverbote und bis dahin deren sofortige Aussetzung. Sein früherer Fraktionskollege Stefan Herre (fraktionslos) plädierte ebenfalls dafür, die Fahrverbote sofort abzuschaffen.