Umgang mit Wölfen bleibt politisch umstritten
STUTTGART. „Mit den Wölfen“, sagt Andre Baumann (Grüne), der Staatssekretär im Umweltministerium, „sind auf große Herausforderungen nach Baden-Württemberg zurückgekommen.“ In einer Landtagsdebatte zum Thema stellte Baumann klar, „sollte sich ein Wolf zu einem echten Problemwolf entwickeln, indem er zum Beispiel gut geschützte Nutztiere attackiert und reißt, werden wir dafür sorgen, dass dieser Wolf entnommen wird, sprich auch totgeschossen wird, und zwar auf Basis des Naturschutzrechts, das muss immer sein“.
Seit 2015 seien 30 Nutztierrisse, ausnahmslos Ziegen und Schafe, eindeutig einem Wolf zugeordnet und überhaupt jede Meldung akribisch, zur Not sogar per DNA-Test geprüft worden. Bei 152 toten Nutztieren „hätte ein Wolf möglicherweise Verursacher sein können“.
Für die FDP verlangte Daniel Karrais den Abschluss von Problemwölfen zu ermöglichen: „Im Mai bekannte sich Umweltministerin Walker endlich zum Abschuss problematischer Tiere.“ Dies sei längst überfällig gewesen. Verändert habe sich jedoch nichts.
FDP und AfD fordern Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht
„In Bayern, wo die Wolfspopulation größer ist, ist es bereits zu 4.000 Nutztierrissen gekommen“, so Karrais, „das sollte uns eine Warnung sein, dass wir schon jetzt reagieren müssen.“ Er fordere die Landesregierung auf, den Worten der Umweltministerin Taten folgen zu lassen. Der Wolf solle mit ganzjähriger Schonzeit in das Jagd- und Wildtiermanagementgesetz aufgenommen werden, „um ein engmaschiges Monitoring des und bei Bedarf rechtssichere Hegeabschüsse einzelner Problemtiere zu ermöglichen“.
Auch Udo Stein (AfD) verlangte den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen, „ins Nutzungsmanagement für Arten, deren Regulation zum Schutz anderer Rechtsgüter geeignet oder erforderlich ist“. Er sei keine gefährdete Art, gehöre „nicht mehr in den Anhang IV der entsprechenden FFH-Richtlinie, sondern in den Anhang V wie Steinbock, Gämsen und Baummarder“.
Die AfD-Fraktion bekenne sich zu den Weidetier-Haltern, „zu unseren Bauern gerade der landschaftlich so schönen wie landwirtschaftlich schwierigen Gegenden“ und zur Eigentumsgarantie des Grundgesetzes, worunter auch Tiere und Grundstücke der Weidetierhalter fielen: „Der Wolf ist in unserer satten, naturfernen Gesellschaft zu einem Symbol geworden für die Wiedergewinnung von Wildnis zulasten einer im Zweifelsfall als störend empfundenen Landwirtschaft.“
SPD sieht in Aufnahme ins Jagdrecht das falsche Signal
Gabi Rolland (SPD) erwartet dagegen, dass die Aufnahme in ein Jagdgesetz für die Jagdausübenden wesentlich mehr Nachteile als Vorteile brächte. Sie glaube, „das ist auch das falsche Signal in die Gesellschaft hinein“. Es gebe 25 Wölfe, die in den vergangenen drei Jahren illegal abgeschossen worden sind, so eine Zählung des NABU, aber die seien nur die Spitze des Eisberges. „Ich gehe davon aus, dass die Dunkelziffer sehr viel höher ist, und wenn man das ins Jagdrecht legt, würde man das Signal aussenden, so etwas sei auch noch in Ordnung“, erläuterte die Freiburger Abgeordnete, „und deswegen sollte man es lassen“.
„Wenn Sie in Europa unterwegs sind und sich in der Hohen Tatra, in den Karpaten, in Nordportugal, in den Abruzzen, auf dem Balkan in den Rhodopen, ich war überall dort, mit den Schäfern, mit den Weidetierhaltern unterhalten, dann stellen Sie fest: In keiner einzigen Region in Europa – in keiner einzigen! -, in der der Wolf das 20. Jahrhundert überlebt hat, ist die Weidetierhaltung ausgestorben oder irgendwie dramatisch verringert“, argumentierte Markus Rösler (Grüne). Das seien die Realität und die Fakten.
Grüne sehen Baden-Württemberg als Vorbild für gute Kooperation
Grün-Schwarz stehe dafür, Ökologie und Ökonomie, Wolf und Weidetierhaltung zusammenzuführen und auf Kooperation zu setzen: „Deshalb gibt es auf Initiative von uns Grünen schon zwei Vorzeigeprojekte zwischen Landesschafzucht und NABU, weswegen andere Bundesländer neidisch nach Baden-Württemberg schauen, weil das Verhältnis zwischen Weidetierhalter und Naturschützer in Baden-Württemberg gut und kollegial ist“, sagte Rösler.
Manuel Hailfinger (CDU) empfahl in seiner ersten Landtagsrede ebenfalls den Blick auf andere Gegenden zu richten, in diesen es Wölfe gebe, auf Brandenburg, auf Sachsen, auf Niedersachsen. Und es gelte, genau hinzuschauen, wo die Probleme lägen: „Wenn der Wolf Hunger hat, schaut er nicht nach Schalenwild, sondern hält auch Ausschau nach Schafen und Ziegen.“ Das gehöre auch zur Wahrheit dazu, „und zwar zu einer Debatte, die offen und ehrlich geführt werden muss“. Für ihn sei klar, dass „mit der fortschreitenden Entwicklung, die wir natürlich genau beobachten müssen, das konsequente Eingreifen in den Wolfsbestand unumgänglich ist“. Die Landesregierung sei im Koalitionsvertrag diesbezüglich einen Schritt weitergegangen. Geschaffen würden flächendeckende Organisationsstrukturen mit geschulten Fachleuten, „die die notwendigen Eingriffe, bei verhaltensauffälligen Tieren und zukünftig auch im praktischem Bestandsmanagement, durchführen können“.
Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer