Tierschutzorganisationen erhalten Klagerecht
Stuttgart. Nach heftigen Diskussionen haben die Abgeordneten am Mittwoch in zweiter Lesung mehrheitlich dem Gesetz über Mitwirkungsrechte und das Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzorganisationen zugestimmt. Dieses soll anerkannten Tierschutzorganisationen ein Klagerecht gegen tierschutzrechtliche Entscheidungen einräumen. Zudem sollen die Organisationen an Verwaltungsverfahren des Landes zum Tierschutz mitwirken können.
Landwirtschaftsminister Alexander Bonde (Grüne) begründete das Gesetz mit der Verantwortung für das Tierwohl, das sich aus Grundgesetz und Landesverfassung ergebe. „Wir wollen den Tierschutz und das präventive Verwaltungshandeln verbessern und Transparenz schaffen“, sagte er. Dies sei ein wichtiger Schritt in Richtung des Staatsziels Tierschutz.
FDP sieht Forschung und Landwirtschaft in Gefahr
Als erforderlich und angemessen bezeichnete auch Gabi Rolland (SPD) den Gesetzentwurf. Dieser schaffe eine größere gesellschaftliche Akzeptanz für Tierversuche und führe zu besserer Rechtssicherheit. Gleichzeitig würden die Interessen aller Beteiligten – Tiere, Tierhalter und Wissenschaft – abgewogen. Rolland betonte jedoch, dass ihre Partei „Anfeindungen gegenüber rechtschaffener Wissenschaftler im Land“ entschieden ablehne und verwies auf die Situation in Tübingen, wo am Samstag Tierversuchsgegner gegen Affenversuche an der Universität Tübingen demonstriert hatten.
Der FDP-Abgeordnete Friedrich Bullinger griff dieses Thema auf und warnte, dass ein Klagerecht für Tierschutzorganisationen nicht allein der Wissenschaft, sondern auch der Landwirtschaft und den Unternehmen im Land schaden würde. Zudem bestehe kein Mangel an Tierschutz, ganz im Gegenteil habe dieser bereits jetzt einen hohen Stellenwert. Das geplante Gesetz sei „populistisch“ und „nichts als Klientelpolitik“, sagte Bullinger. Zudem äußerte er verfassungsrechtliche Bedenken.
Opposition hält Gesetz für unnötig
Was bereits in sieben Bundesländern „usus“ sei, könne dem Grundgesetz nicht wiedersprechen, konterte Reinhold Pix (Grüne). Das Gesetz diene vielmehr dazu, eine Balance zwischen Tiernutzern und Tierschützern zu schaffen. Während erstere über „alle Rechte und Möglichkeiten“ verfügten, hätten letztere keine „konkrete Rechtsausstattung“. Zudem verbessere es das Wohl der Tiere.
Nach Meinung von Klaus Burger (CDU) hingegen „braucht es kein Gesetz, um das Wohl der Tiere im Land zu verbessern“. So seien etwa Tierversuche an Kaninchen in den vergangenen Jahren auch ohne Gesetz um 93 Prozent reduziert worden. Außerdem werde mittlerweile die Mehrheit der Tierversuche an Mäusen und Fischen durchgeführt. Burger betonte, dass sogar der Ausschuss für ländlichen Raum den Gesetzentwurf abgelehnt habe und seine Partei sich dieser Empfehlung anschließen werde. Dies rief bei einigen Abgeordneten lautstarke Reaktionen hervor.
Bonde nutzt Provokation der CDU, um für Gesetz zu werben
Der Hintergrund: Nachdem der Landwirtschaftsausschuss in dieser Woche das Gesetz diskutiert hatte, rief der CDU-Abgeordnete Karl Traub zur Abstimmung auf. Dies tat er in dem Moment, in dem sich ein Abgeordneter der Grünen auf der Toilette befand – was formal korrekt ist. Bei der Abstimmung kam es zu einem Pat, weshalb der Gesetzentwurf durchfiel.
Bonde nutze die aufgeladene Stimmung im Landtag, um noch einmal für sein Gesetz zu werben. An Burger gerichtet sagte er: „Wenn das stärkste Argument, das Sie gegen dieses Gesetz haben, die Pinkelpause eines Abgeordneten ist, dann muss es ein ziemlich gutes Gesetz sein.“