Thomas Strobl will zügige Umsetzung der Kennzeichnungspflicht von Polizisten
STUTTGART. Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat eine „zügige Umsetzung“ der Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamten bei Großeinsätzen angekündigt. In der Debatte zu einem FDP-Antrag dazu und dem von der neuen Landesregierung angekündigten Antidiskriminierungsgesetz, stellte sich der CDU-Landesvorsitzende abermals hinter beide Vorhaben.
Während der Koalitionsverhandlungen war seine Partei für ihren Schwenk scharf kritisiert worden. Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Ralf Kusterer hatte erklärt, es gebe Parteien, die „auf eine Art und Weise um die Gunst der Regierungsbeteiligung buhlen wie Prostituierte auf dem Straßenstrich“.
FDP wirft Strobl „ideologisch geleitetes Handeln“ vor
Das Innenministerium hatte in der Antwort auf den FDP-Antrag klargestellt, dass Kritik durchaus einfließen wird in Gesetzgebungsverfahren. Strobl erläuterte, dass er das Landespolizeipräsidium gebeten habe, gerade in Sachen Kennzeichnungspflicht „zügig und mit der notwendigen Gründlichkeit in die Umsetzung gehen“. Zuvor hatte er sich von der neuen Waiblinger FDP-Abgeordneten Julia Goll kritisieren lassen müssen. Die Frau des früheren Justizministers sprach von einem „öffentlichen Misstrauensvotum vom eigenen Dienstherrn“. Die Kennzeichnungspflicht sei beschlossen worden, „ohne dass überhaupt geprüft wurde, ob ein tatsächlicher Bedarf besteht, also ist das keine sachlich fundierte Politik, sondern ideologisch geleitetes Handelns“.
Bei dem Thema Landesantidiskriminierungsgesetz sieht nach Golls Worten nicht anders aus. Die Begründung für ein solches Gesetz, das für die staatlichen Stellen gelten solle, laute immer wieder, es bestünde eine Lücke, denn das entsprechende Bundesgesetz, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, gilt ja nur für den privatrechtlichen Bereich: „Die Argumentation stimmt so natürlich nicht, ein spezielles Antidiskriminierungsgesetz für den öffentlichen Bereich ist schlicht überflüssig“.
Hans-Jürgen Goßner (AfD) sprach von einer Wendehals-Politik des Innenministers, weil der vor einem Jahr noch ganz anders gesprochen habe. Der Göppinger Abgeordnete zitierte aus einen Strobl-Interview von vor einem Jahr die Sätze: „Es geht mir vor allem darum, dass unsere Polizistinnen und Polizisten nicht dem Generalverdacht der Diskriminierung und des Rassismus ausgesetzt werden. Ich empfinde hier eine starke Fürsorgepflicht für jede Polizistin und jeden Polizisten. Wir vertrauen den Frauen und Männern, die für unsere Sicherheit da sind. Unsere Polizistinnen und Polizisten haben unsere Anerkennung und unseren Respekt verdient.“
Grüne: Weniger Polemik in der Debatte gewünscht
Oliver Hildenbrand, der neue Stuttgarter Abgeordnete und Grünen-Landeschef sieht dagegen eine Notwendigkeit. Was das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz auf Bundesebene für den privatrechtlichen Bereich seit 15 Jahren regele, werde jetzt auch für staatliches Handeln auf Landesebene klar garantieren: „Es gibt ein Recht auf Gleichbehandlung, und das nicht nur am Arbeitsplatz, im Fitnessstudio oder beim Friseur, sondern selbstverständlich auch beim Finanzamt, in der Ausländerbehörde und auf dem Polizeirevier“. Er wünsche sich in dieser Debatte weniger Polemik und mehr Sachlichkeit, prophezeit würden Anzeigefluten, Klagewellen, eine Behinderung der Polizeiarbeit. „Aber ein Blick in diejenigen Bundesländer, die entsprechende Vorhaben bereits erfolgreich umgesetzt haben, zeigt ganz eindeutig“, so Hildenbrand, „nicht davon ist eingetreten, die herbeigeredeten Befürchtungen sind genauso groß wie grundlos.“
Für die CDU kritisierte der ebenfalls neue Abgeordnete Christian Gehring (Schorndorf), wie die FDP über „ungelegte Eier“ diskutieren wolle, über Inhalte, die überhaupt noch nicht feststehen: „Sie irren inhaltlich durch Utopia und beschreiben uns die Welt, widdewidde wie sie Ihnen gefällt.“ Die letzten Wochen hätten sehr deutlich gezeigt, „dass die FDP versucht, mit Halbwahrheiten Stimmung zu machen“. Vermutlich komme sie jetzt schon mit dem Thema um die Ecke, weil sie Angst davor habe, dass es später eine Angriffspunkte gebe.
„Das grenzt ja schon fast an ein Sicherheitsrisiko“
Sascha Binder (SPD) verwies auf die aus seiner Sicht unterschiedliche Tonlage der Koalitionspartner. Und es sei verwunderlich, dass für eines der zentralen Projekte der grünschwarzen Landesregierung, noch kein Gesetzentwurf vorliege. Gerade die Debatte zur Aufarbeitung der Krawallnacht habe aber gezeigt, wie weit die Grünen von der CDU in der Rechts- und Innenpolitik entfernt seien: „Das grenzt ja schon fast an ein Sicherheitsrisiko.“
Ein Zustandsbericht, den Strobl naturgemäß nicht teilen mochte. Er sei „sehr beim Kollegen Oliver Hildenbrand“, wenn der eine faktenbasierte Debatte verlange. „Diskutieren wird die Thematik nicht anhand von Verdächtigungen, Unterstellungen und irgendwelchen Dingen, die es noch gar nicht gibt und die deswegen auch von niemandem im Detail beurteilt werden können“, verlangte der Innenminister. Die „ganze Skandalisierung, die hier wieder seitens der FDP auf dem Rücken unserer Polizistinnen und Polizisten betrieben wird, ist einigermaßen skurril, um nicht zu sagen, unredlich“.