Strobl: Vorkommnisse in Schorndorf mit Köln nicht vergleichbar
Stuttgart. Die rechtswidrigen Vorkommnisse bei der Schorndorfer Woche (SchoWo) sind aus Sicht von Innenminister Thomas Strobl (CDU) mit den kriminellen Ereignissen der Kölner Silvesternacht und den Krawallen von Hamburg nicht vergleichbar. Es sei nicht angemessen, Parallelen dazu zu ziehen, sagte Strobl am Donnerstag in der von der AfD-Fraktion beantragten Aktuellen Debatte „Schorndorfer Stadtfest: Die Kölner Silvesternacht ist in der schwäbischen Provinz angekommen“ im Landtag. „Lassen wir die Kirche im Dorf, in Schorndorf“, sagte der Minister. Man könne in Baden-Württemberg weiterhin unbesorgt auf Stadtfeste gehen.
Die sexuellen Übergriffe auf Frauen und die Gewalt gegen Einsatzkräfte seien „völlig inakzeptabel“. Bei Gewalt gegen Polizei und Frauen gebe es Null-Toleranz. „Das geht überhaupt nicht“, sagte Strobl und ergänzte: „Es gibt keinen rechtsfreien Raum bei uns.“ Gleichzeitig stellte er sich „vor unsere Polizei“, denn Schuld an den schockierenden Ereignissen hätten die, die Gewalt gegen Frauen anwenden und Flaschen auf die Polizei werfen. In Schorndorf habe es am Wochenende 53 Taten – „eine heftige Bilanz“ – gegeben, in sechs Fällen seien Frauen sexuell belästigt und in zwei dieser Fälle Tatverdächtige ermittelt worden. Es habe aber keine schwerwiegenden Verletzungen gegeben.
Abgeordnete von Grünen, CDU, SPD und FDP verurteilten ebenfalls die Ausschreitungen, distanzierten sich aber gleichzeitig von der AfD und deren Stimmungsmache gegen Ausländer.
Der AfD-Fraktionschef Jörg Meuthen gab zwar zu, dass Schorndorf „nicht die Dimension von Köln“ habe; die Vorkommnisse seien aber „die neue deutsche Normalität und eine Schande für unser Land.“ Menschen könnten nicht mehr angstfrei ein Volksfest besuchen. Vor allem den Grünen warf Meuthen vor, sich „mit rechtsfreien Räumen abgefunden“ zu haben. Sie seien durch ständiges Relativieren, Beschwichtigen und ignorantes Wegsehen „Teil des Problems“. Die Grenzen für illegale Einwanderung müssten geschlossen werden und die „gescheiterten Multi-Kulti-Träume aufhören“. Schorndorf stehe sinnbildlich für das, was „auch anderswo passiert“. Der Anstand verbiete es, die Sache zu verharmlosen. Aus Sicht von Meuthen sind neben Flüchtlingen auch „gewalttätiger Mob“ ins Land gekommen, der Deutschland als Beute betrachte.
Die Schorndorfer Abgeordnete Petra Häffner (Grüne) konstatierte, die Vorfälle seien „schlimm“. Es habe Körperverletzungen, sexuelle Gewalt, Sachschäden und Gewalt gegen die Polizei gegeben. Die Grünen seien gegen Gewalt und sexuelle Übergriffe: „Ein Nein heißt Nein.“ Für sie ist Schorndorf kein Einzelfall, denn Übergriffe gebe es überall und anderswo.
Kritik von Innenminister und CDU-Abgeordnetem an SPD-Oberbürgermeister
Siegfried Lorek (CDU) dankte der Polizei für ihr „schnelles und professionelles Einschreiten“ und riet dem Schorndorfer Oberbürgermeister Matthias Klopfer (SPD), seine Suche nach Schuldigen nicht auf dem Rücken der Polizei auszutragen. Lorek forderte konsequente Strafverfolgung gegen die sexuellen Belästigungen, unabhängig von der Nationalität der Täter. Gleichzeitig verurteilte er die Flaschenwürfe auf Polizisten. „Gewalt und Vandalismus wird nicht toleriert“, sagte der Waiblinger Abgeordnete. Schorndorf habe mit Köln nichts gemeinsam, denn es habe „kein verabredetes Handeln“ gegeben. Er warnte vor stetig zunehmender Gewaltbereitschaft gegen Einsatzkräfte. Die Politik müsse sich dagegenstellen. Deshalb würden die Vorgänge nicht unter den Teppich gekehrt.
Für die SPD kritisierte Sascha Binder die Formulierung des Titels der Aktuellen Debatte: „Das geht gar nicht.“ Gottseidank habe man im Remstal keine zweite Silvesternacht erlebt. Allerdings seien die Ereignisse nicht zu beschönigen. Strikt zu trennen seien aber die sexuellen Belästigungen und die Feier mit Alkohol. Binder sprach den betroffenen Frauen sein Mitgefühl aus. Hinsichtlich der Kommunikation forderte der SPD-Fraktionsvize die beteiligten Stellen auf, sich am Beispiel der Kommunikation beim Amoklauf von München zu orientieren: Fakten müssten zunächst geprüft und erst danach veröffentlicht werden. Zudem sei der abnehmende Respekt vor der Polizei „ein Problem, das wir lösen müssen“.
Goll kritisiert Mängel der Migrationspolitik, Lucha lobt Integration in Schorndorf
Die Gewalttaten von Schorndorf verlangen nach Ansicht von Ulrich Goll (FDP) weitere Aufklärung. Die in vielen Fällen gelungene Integration von Flüchtlingen „entbindet uns nicht“, über die Schattenseiten der Migration zu reden, sagte Goll. In der Flüchtlingspolitik seien Fehler gemacht worden, was rechtspopulistische Parteien stärke. Schorndorf dürfte nicht dramatisiert, aber auch nicht verharmlost werden. Die Wurzel des Geschehens sieht der Waiblinger Abgeordnete und frühere Integrationsbeauftragte darin, dass „viele junge Flüchtlinge und Asylbewerber ohne Perspektive und mit viel zu viel Zeit bei uns leben“, wodurch sich Zündstoff ansammle. Viele hätten die unkontrollierten Zuständig genutzt, um ins Land zu kommen und hier mit Straftaten ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Flüchtlingspolitik müsse „plausibler werden“. Wer nicht schutzbedürftig sei, müsse zurückgeführt werden oder solle gleich gar nicht einreisen. Außerdem müssten straffällige Ausländer abgeschoben werden.
Für die Landesregierung ergriff auch Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) das Wort. Er lobte Schorndorf und Oberbürgermeister Klopfer für „die seit Jahren betriebene vorbildliche Integrationspolitik“. Geflüchtete Menschen hätten sogar beim Aufbau der „SchoWo“ geholfen. Ursache der Geschehnisse sei keineswegs eine nicht gelungene Migrationspolitik, sondern Alkohol, der die Hemmschwelle senke oder die Absicht junger Leute, „einmal die Sau rauzulassen“. Lucha dankte seinem Kollegen Strobl dafür, dass hinsichtlich der sexuellen Gewalt „aus dem Dunkelfeld ein Hellfeld wird“.
In der zweiten Runde kritisierte der SPD-Rechtsexperte Binder den Innenminister. Strobl sei nicht nur unentschuldigt drei Stunden zu spät in die jüngste Sitzung des Innenausschusses gekommen, sondern auch den Schorndorfer Oberbürgermeister Klopfer mit den Worten „der klopft wohl nicht mehr richtig“ verunglimpft. Zur geforderten Entschuldigung war Strobl nicht bereit.
Schorndorfs Oberbürgermeister Klopfer verfolgte auf der Tribüne des Landtags die Debatte im Plenum. Er hatte zuvor Konsequenzen aus den Vorfällen angekündigt. Die Stadt werde ihr Sicherheitskonzept anpassen. Selbstkritisch räumte Klopfer ein, Kommune und die Polizei hätten frühzeitiger und entschlossen im Schlosspark eingreifen müssen, wo rund 1000 meist junge Menschen feierten, ehe die Situation eskalierte.