Streit um angebliche Schulschließungsliste
Stuttgart. Gibt es im Kultusministerium eine Liste mit potentiellen Standorten für Schulschließungen? Welche Schulen sind bedroht? Welche Schulen bekommen die Chance zur Weiterentwicklung? Diese und andere Fragen wollte die CDU-Fraktion am Mittwochnachmittag im Stuttgarter Landtag von Kultusminister Andreas Stoch (SPD) beantwortet haben.
Zudem beantragte die CDU, Auskunft darüber zu erhalten, welche Rolle ein von der GEW in Auftrag gegebenes und 2010 vorgestelltes Gutachten über die Entwicklung der Schülerzahlen im Land bei der Schulentwicklungsplanung spiele. Die CDU geht davon aus, dass die der GEW-Studie zugrundeliegenden Daten veraltet sind und daher keine verlässliche Basis für das in Baden-Württemberg anstehende Projekt der regionalen Schulentwicklung liefern.
Streit vom Vormittag setzte sich nahtlos fort
Nachdem am Vormittag bereits eine Debatte über die Zukunft der Realschulen die ideologischen Gräben zwischen rot-grüner Landesregierung und der Opposition aus CDU und FDP in der Schulpolitik aufgezeigt hatte, setzte sich dieser Streit am Nachmittag mit der Diskussion über die beiden Anträge der CDU nahtlos fort: Während die Opposition dem Kultusminister vorwarf, Fragen wiederholt nicht zu beantworten und die Auskunft zu verweigern; warfen Abgeordnete der Grünen und der SPD den Oppositionsparteien vor, in Zeiten schwarz-gelber Regierungsverantwortung eine angesichts anhaltender sinkender Schülerzahlen dringend notwendige regionale Schulentwicklung jahrelang ignoriert zu haben. Das Kultusministerium behielt sich eine Beantwortung der im CDU-Antrag aufgeworfenen Fragen im Hinblick auf die anstehenden Gespräche mit den Kommunen vor.
Der CDU-Abgeordnete Georg Wacker warf dem Kultusministerium vor, Gemeinschaftsschulen zu genehmigen, ohne sich vor Ort zu informieren, wie die Interessenlagen umgebender Kommunen seien. „Wir fordern Klartext: Wie gehen Sie mit Kommunen um, die durch Genehmigungsverfahren von Gemeinschaftsschulen Nachteile erlitten haben?“ fragte Wacker. „Alle Regionen sollen die gleichen Entwicklungschancen haben.“ Wacker forderte zudem Auskunft über anstehende Schulschließungen, Mindestgrößen für Schulen und eine Aussage darüber, was mit den Schulen geschehe, die nicht auf diese Mindestgrößen kommen. „Es darf nicht zu Schulschließungen gegen der Willen der Beteiligten kommen“, forderte der CDU-Politiker und sagte nur unter dieser Bedingung eine Beteiligung an der regionalen Schulentwicklung vor. Der FDP-Abgeordnete Timm Kern erklärte unterdessen, die Landesregierung habe sich durch ihre Genehmigungspraxis bei den Gemeinschaftsschulen für eine regionale Schulentwicklung disqualifiziert.
SPD und Grüne: „Es gibt keine solche rote Liste“
Für die Grünen kritisierte Siegfried Lehmann die CDU-Anträge. „Sie unterstellen, dass es eine Streichungsliste gebe“, so der Grünen-Abgeordnete. Dass nur noch ein Drittel der Gemeinden in Baden-Württemberg über eine weiterführende Schule verfüge, sei schließlich eine Folge des dreigliedrigen Schulsystems. Auch der SPD-Abgeordnete und Hauptschul-Rektor Klaus Käppeler äußerte sich kritisch gegenüber dem Inhalt des CDU-Antrags. „Es gibt keine solche rote Liste“, sagte er.
Erneut versuchte Kultusminister Andreas Stoch, die Opposition zur Mitarbeit an der regionalen Schulentwicklung zu bewegen. „Jeder weiß, dass es nicht die grün-rote Landesregierung ist, die Schuld an zu wenigen Kindern hat“, sagte Stoch. „Denn zu wenig Kinder sind es, die die Kommunen schon seit längerem dazu bringen, über ihre Schulen nachzudenken.“ Viele Schulen in ländlichen Regionen hätten bereits jetzt eine kritische Größe erreicht, und der Schülerrückgang werden noch bis 2020 anhalten. „Wenn wir nichts tun, geht bei vielen das Licht aus“, sagte Stoch. Es sei nicht erfolgversprechend, die Schulen gegeneinander auszuspielen; sondern vielmehr eine zentrale Aufgabe der regionalen Schulentwicklung, neue Lösungen für räumlich nahe Kommunen anzubieten. „Wir werden nicht jede Schule halten können“, sagte Stoch.