SPD wirft Regierung „Mogelpackung“ bei Mobilitätswende vor
STUTTGART. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und der neue Brettener CDU-Landtagabgeordnete Ansgar Mayr haben die Kritik aus der SPD-Fraktion an der Finanzierung der Mobilitätswende zurückgewiesen. Hans-Peter Storz (SPD) hatte der Landesregierung vorgeworfen, auf Mittel des Bundes und auf das Engagement der Kommunen zu setzen.
Die Mobilitätsgarantie sei die zentrale Maßnahme bei der Mobilitätswende. „Sie arbeiten aber mit Mogelpackungen“, so Storz weiter. Mayr sprach dagegen von einem „Gemeinschaftswerk“, und Hermann beteuerte, die Garantie sei „kein bloßes Versprechen“. Der Landesregierung sei klar, dass sie „auch etwas tun“ müsse. Laut Hermann ist bereits beschlossen eine Mitfinanzierung des 365-Euro-Jahresticket für junge Menschen unter 25 oder 27 Jahren, wobei Details noch geklärt werden müssten.
FDP zeigt sich von Verzicht auf Tempolimit erfreut
Die Aktuelle Debatte „Bezahlbare Mobilität für die Bürger in Baden-Württemberg“ war von der AfD-Fraktion beantragt worden. Ihr verkehrspolitischer Sprecher Miguel Klauß erhob schwerste Vorwürfe gegen die Landesregierung: Mit der „verpfuschten Energiewende“ werde die Bevölkerung „ausgequetscht wie eine Zitrone“. Die CO2-Steuer solle allein die Einwanderung in die Sozialsysteme finanzieren. Der neue Landtagsabgeordnete aus Calw kritisierte, wie an Plenartagen die Landtagsgarage stets rappelvoll sei. Solange Abgeordneten aber nicht mit dem Zug kämen, sei es „nichts anderes als Heuchelei“, der Bevölkerung bezahlbare Mobilität zu verwehren: „Sie haben jedes Maß verloren.“
Für die Grünen hielt Silke Gericke dagegen und erklärte, sie sei mit dem ÖPNV angereist. Statt sich mit konstruktiven Vorschlägen an der Debatte zu beteiligen, „stänkert und schwätzt die AfD nur rum“. Baden-Württemberg sei deutschlandweit Spitzenreiter in Fragen nachhaltiger Mobilität, mit der Tarifsenkung von 25 Prozent durch die Einführung des BW-Tarifs oder mit dem 365-Euro-Ticket, das im Herbst 2022 beschlossen werden solle, so die Ludwigsburger Abgeordnete. Storz verlangte dessen Ausweitung auf Menschen mit geringen Einkommen und Rentner, weil nur bei sozialer Ausgestaltung die Mobilitätswende auch akzeptiert würde.
Der FDP-Verkehrspolitiker Christian Jung wiederholte die Forderungen seiner Fraktion zur Technologieoffenheit und zur Einbeziehung des Verkehrssektors in den Europäischen Emissionshandel: „Einen einseitigen ideologischen Kampf gegen das Auto als wichtige Säule der individuellen Mobilität lehnen wir ab.“ Und er nutzte die Gelegenheit „sehr zu begrüßen, dass es kein starres Tempolimit auf Autobahnen geben wird“.
CDU macht sich für Straßenbau stark
Hermann warf der AfD vor, das Thema Mobilität auf den individuellen Autoverkehr zu verkürzen. „Wir investieren aber auch in Busse und Bahnen und in den Ausbau von Rad- und Fußverkehr„, so der Grüne, der gerade mit dem ÖPNV-Ausbau auch „aktive Sozialpolitik“ verbindet sowie auf mehr „Chancengleichheit und Teilhabe“ setzt. Viele Fragen müssten in diesem Zusammenhang angegangen werden. So findet es der Minister „erstaunlich, dass der Staat Menschen, die sich ein Auto für 50.000 Euro leisten können, 6000 Euro dazugibt, ein Radfahrer aber gar nichts bekommt“.
Für die CDU setzte Mayr allerdings andere Akzente: Auch in Zukunft würden Auto und Flugzeug dieselbe Daseinsberechtigung haben wie Bus oder Fahrrad. Und weiterhin würden Straßen gebaut. Es helfe dem Geldbeutel nämlich auch, „wenn man nicht jeden Tag über das selbe Schlagloch fährt“.
Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer