SPD will mehr Ganztagsschulen – Regierung verweist darauf, dass schon viel geschieht
Stuttgart. Die SPD-Fraktion hat am Mittwoch im Landtag an Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) appelliert, mehr Ganztagsschulen in Baden-Württemberg zuzulassen. Für die Grünen erinnerte der frühere Staatssekretär Jürgen Walter allerdings daran, dass „sämtliche Anträge, die aus den Kommunen kamen, vom Ministerium auch genehmigt wurden“. Solange es nicht mehr gebe, könnten also auch nicht mehr Genehmigungen erteilt werden. Kultusstaatssekretär Volker Schebesta (CDU) den „richtigen Ansatz“ im Land, Ganztagsschulen unterschiedliche Möglichkeiten zu eröffnen und „den Eltern klar zu vermitteln, was hinter welcher Schulform steht“.
Daniel Born (SPD) begründete den Vorstoß seiner Fraktion auch mit dem „konservativen Scherbenhaufen“, den die grün-rote Landesregierung im Jahr 2011 übernommen habe. Erst im Jahr 2014 sei die Ganztagsschule im Land als Schlusslicht bundesweit verankert worden. In ihr sieht er ein wirksames Instrument zur Stärkung des Bildungsstandorts Baden-Württemberg. So würden Kindern mehr Chancen eröffnet und die Betreuung gerade auch im Anschluss an die Kindergartenjahre "mit einem qualitativ hochwertigen Angebot für die Familien" sichergestellt.
Walter teilte zwar diese Einschätzung, warnte aber zugleich vor „Angriffen aufs Ministerium“, weil die überhaupt nichts brächten, wenn „nicht mehr Bürgermeisterinnen und Oberbürgermeister sich entschließen, mehr Anträge nach Stuttgart zu schicken". Vielleicht müssten auch mehr sozialdemokratische Stadtoberhäupter tun.
Siegfried Lorek (CDU) verlangte, dass "sich der Ausbau der Ganztagsbetreuung tatsächlich am Bedarf der Menschen vor Ort, der Menschen im Land orientiert und auch einen qualitativen Mehrwert bietet“. Deshalb sei es sehr richtig, "nicht über Parteiideologie über die Köpfe der Menschen hinweg zu entscheiden, sondern diese tatsächlich mitzunehmen und einzubinden unter der Devise ‚zuhören, bewerten, entscheiden‘“. Und weiter: „Liebe SPD, so geht tatsächliche Bürgerbeteiligung, und hierfür herzlichen Dank an unsere Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann.“ Zum von der Bundesregierung ins Auge gefassten gesetzlichen Anspruch auf die Ganztagsbetreuung im Grundschulalter ab 2025 erklärte Lorek, das Land müsse dabei auf eine adäquate Umsetzung und solide Finanzierung durch den Bund achten.
Rainer Balzer (AfD) machte kein Hehl daraus, dass seiner Fraktion die ganze Richtung nicht passt. Es gehe wieder einmal um „die alte Klassenkampfrhetorik der SPD und den totalitären Anspruch auf den Menschen, insbesondere auf den jungen und formbaren Menschen der linken Parteien, und hier beziehe ich explizit die Grünen mit ein“. Die Aufstellung der Karl-Marx-Statue in Trier biete einmal mehr Gelegenheit, sich mit den Resultaten dieser Utopien zu befassen. In der Sache warnte er vor fehlender Konzentration in der Schule, "weil der Tag halt acht oder neun Stunden dauert: Ich bin froh, dass ich dies nicht mitmachen musste“.
Für Timm Kern (FDP) geht aus der Antwort des Kultusministeriums „eindrucksvoll hervor, wie die Eltern mit den Füßen überwiegend gegen das grün-rote Ganztagsmodell und damit gegen das aktuelle Schulgesetz abgestimmt haben“. Das bestätige die Forderung der Liberalen "nach echter Wahlfreiheit beim Ganztag“.
Staatssekretär Schebesta erläuterte, die Landesregierung eröffne die Chance der Rhythmisierung. Außerdem stellte der CDU-Staatssekretär das Pilotprojekt „Kommunale Koordinierungsstelle“ heraus. Auf diese Weise könne „in guter Partnerschaft und enger Abstimmung mit der kommunalen Seite" Hilfestellung für alle Fragen zur Ganztagsschule gegeben werden. Im Schuljahr 2018/2019 könne die Koordinierungsstelle ihre Arbeit aufnehmen. „Bei der Verwaltung und Bewirtschaftung der monetarisierten Lehrerwochenstunden, der Vertragsgestaltung mit außerschulischen Partnern wird es eine entsprechende Unterstützung geben“, sagte Schebesta weiter, „so dass sich die Schulen auf die pädagogische Qualität konzentrieren können.“
Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer