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SPD will Containern straffrei machen – und scheitert mit ihrem Antrag im Landtag
STUTTGART. Die SPD-Fraktion will, dass Containern nicht mehr strafbar ist. Der Landtag hat jedoch mehrheitlich ihren Antrag abgewiesen, mit dem sie erreichen wollte, dass das Land eine Verwaltungsvorschrift erlässt, wonach kein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung des Containerns besteht. Vorausgesetzt, die von Lebensmittelgeschäften weggeworfenen Lebensmittel werden lediglich für den Eigenverbrauch und ohne Sachbeschädigung aus den Containern geholt. Zudem hatte die Fraktion die Landesregierung aufgefordert, mit einer Bundesratsinitiative darauf hinzuwirken, dass der Lebensmitteleinzelhandel, gute, nicht mehr für den Verkauf vorgesehene Lebensmittel an gemeinnützige Organisationen weitergeben soll.
Jonas Weber (SPD) weist darauf hin, dass Grüne und CDU in ihrem Koalitionsvertrag das Ziel ausgewiesen haben, bis 2030 die Lebensmittelverschwendung zu halbieren. Deshalb wollte die SPD mit einem Antrag auch wissen, welche Strategie die Landesregierung dafür hat. Laut Weber zeigt die Antwort auf den Antrag, „dass es mit der Umsetzung mehr als hapert“. Seit fünf Jahren fänden nunmehr Modellprojekte und Aktionen statt, doch es gebe keine messbaren Erfolge.
„Jedes Lebensmittel, das unnötig zu Abfall wird, ist eines zu viel“
Die Halbierung der Lebensmittelverschwendung bis 2030 sei die Messlatte, die es global zu erreichen gelte, so Ralf Nantwich (Grüne). „Realität ist aber immer noch eine Welt, in der Rund ein Drittel aller produzierten Lebensmittel im Müll landen, während fast 690 Millionen Menschen nicht genug zu essen haben“, sagt Nantwich. Man könne den Appell daher nicht genug wiederholen: Jedes Lebensmittel, das unnötig zu Abfall wird, ist eines zu viel. Das Ziel sei ambitioniert und könne europaweit, national und in Baden-Württemberg allerdings nur mit allen Akteurinnen und Akteuren der Wertschöpfungskette erreicht werden.
Beim Thema Lebensmittelverschwendung müsse man an die Wurzeln des Problems und dürfe nicht nur Symptome bekämpfen. Das Containern nicht strafrechtlich zu verfolgen sei einer von vielen wichtigen Bausteinen. Er dürfe aber auch nicht überbewertet werden. Denn der größte Teil der Lebensmittelabfälle falle in Haushalten an. Deshalb sei die Sensibilisierung jedes einzelne, insbesondere auch der Kinder und Jugendlichen der richtige Ansatz, so Nantwich.
Jährlich 75 Kilo pro Kopf verschwendet
Sarah Schweizer (CDU) nennt Zahlen: In Deutschland werden jedes Jahr pro Kopf 75 Kilogramm Lebensmittel oder zwei randvolle Einkaufswagen verschwendet. „Wir liegen damit auf einem internationalen Spitzenplatz“, sagt sie. „Und welche dramatischen Folgen das vor allem auch beim Fleisch hat, sehen wir daran, dass allein vier Millionen Schweine, 45 Millionen Hühner in Deutschland jedes Jahr geboren und aufgezogen und geschlachtet werden, um am Ende im Müll zu landen. Das ist weder ethisch noch wirtschaftlich noch ökologisch vertretbar.“
„Das Containern ist nicht menschenwürdig“, sagt Klaus Hoher (FDP). Er verweist auch darauf, dass in solchen Containern zwischen weggeworfenen Lebensmitteln auch mal Giftstoffe und Scherben liegen können. Containern ist für ihn der falsche Ansatz. Und Bernhard Eisenhut (AfD) wundert sich, warum in Deutschland Politiker heute noch über das Containern debattieren und ob das nächtliche Herausholen von weggeworfenen Lebensmitteln straffrei gestellt werden soll. Er verweist auf Frankreich, wo seit 2016 ein Gesetz in Kraft sei, nachdem Lebensmittel nicht unbrauchbar gemacht werden dürfen, sondern an soziale Einrichtungen gespendet werden müssen.
Hauk will „keine Kühlschrankpolizei“
Laut Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) ist das Containern bei Lebensmittelunternehmen überwiegend kein Thema. „Unser Anspruch muss sein, dass erst gar nichts in Containern landet“, sagt er. Er verweist darauf, dass die Mehrzahl der Lebensmittel von Privathaushalten weggeworfen würden. Zugleich betont er: „Ich will keine Kühlschrankpolizei, die darauf schaut, dass Lebensmittel rechtzeitig gegessen werden.“
Er verweist darauf, dass viele Menschen Lebensmittel nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums einfach wegwerfen. Doch mindesthaltbar bis bedeute nicht tödlich ab, so Hauk. Deshalb setzt er sich auch dafür ein, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum fällt. Zugleich gelte es Lebensmittel wieder in Wert zu setzen. Deshalb sei der Strategiedialog Landwirtschaft auch so wichtig. Er ist überzeugt: Wenn Lebensmittel wieder mehr Wert haben, landen sie auch nicht so schnell in der Tonne. Zugleich ist ihm klar, dass es bei der Lebensmittelverschwendung keinen schnellen Erfolg geben wird, denn es müsse bei der Bildung – und das bereits bei den Kindern – angesetzt werden.