SPD-Fraktion will Staatsvertrag mit islamischen Glaubensgemeinschaften
Stuttgart. Für die SPD-Landtagsfraktion besteht in einem Staatsvertrag mit islamischen Glaubensgemeinschaften die Möglichkeit, die Integration der 600 000 in Baden-Württemberg lebenden Menschen islamischen Glaubens voranzubringen. „Wir wollen eine verbesserte Willkommenskultur, aber auch, dass sich die Betroffenen einbringen in unsere Gesellschaft“, sagte Rosa Grünstein (SPD) am Donnerstag in der Aussprache über einen Staatsvertrag. Hamburg und Bremen haben bereits Verträge mit diesen Religionsgemeinschaften geschlossen, in dem unter anderen Glaubensfreiheit, Werten, Anerkennung kirchlicher Feiertage und das Recht des Religionsunterrichts geregelt werden. Durch einen Vertrag, der mit wechselseitigen Verpflichtungen zum Nutzen aller werden kann, könne man effektiver Diskriminierung verhindern, mutmaßte Grünstein.
Ministerin Öney prüft Anträge zu islamischem Religionsunterricht
Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) erklärte, die Landesregierung sei grundsätzlich offen für Vertragsverhandlungen mit islamischen Verbänden. Sie berichtete von dem am Montag abgehaltenen fünften Runden Tisch, wonach für die islamischen Verbände der Religionsunterricht „zentrales Anliegen“ sei. Das Kultusministerium prüfe derzeit entsprechende Anträge. „Die Muslime wünschen sich einen Staatsvertrag“, berichtete Öney und fügte an: „Es gibt aber noch hohe Hürden zu überwinden.“
Ungeklärt ist, welche muslimischen Gemeinschaften als Partner des Landes in Frage kommen. Im Landesverband der islamischen Kulturzentren sind 40 Kulturzentren zusammengeschlossen. Weiter besteht ein Landesverband der DTTB; auch die Alevistische Gemeinde Deutschland, die Ahmadiyya Muslim Jamaar und der Zentralrat der Muslime kämen als Vertragspartner in Betracht.
FDP fordert mehr Tempo bei Einführung islamischen Relgionsunterrichts
Dennoch forderte Timm Kern (FDP) die grün-rote Regierung auf, mehr Tempo als bisher zu machen. Für ihn ist die Integration der 600 000 Muslime, der zweitgrößten religiösen Gruppe im Südwesten, eine „zentrale Grundfrage unserer Gesellschaft“. Er sprach sich für eine rasche Einführung des islamischen Religionsunterrichts aus. „Dieser ist mehr als ein normales Schulfach“, erklärte der gymnasiale Religionslehrer. Islamischer Religionsunterricht sei keine juristische Frage, sondern eine politische. „Es gibt keinen Frieden unter Nationen ohne Frieden unter Religionen“, zitierte Kern den Theologen Hans Küng. In Tübingen würden bald die ersten Lehrer für Islamunterricht die Universität verlassen; diese sollen nach Ansicht von Kern unterrichten und „nicht auf der Straße stehen“.
CDU ist skeptisch gegenüber Staatsvertrag
Auch die CDU will den Weg des Dialogs weitergehen und sieht im Religionsunterricht die zentrale Frage. Bernhard Lasotta äußerte sich allerdings skeptisch zu einem Staatsvertrag: „In den Staatsverträgen von Hamburg und Bremen stehen Inhalte, die bereits in unserer Verfassung stehen.“ Er verwies auf bereits viele geregelte Dinge in Baden-Württemberg wie Bestattungsrecht, religiöse Feiertage, kirchliche Einrichtungen oder seelsorgerische Tätigkeiten. Lasotta forderte, in gegenseitigem Einvernehmen gemeinsame Ziele und Bausteine zu erarbeiten.
Die Grünen stehen einem Staatsvertrag mit den Muslimen offen gegenüber, wie Willi Halder ausführte. Menschen mit islamischen Glauben seien Teil unserer multikulturellen und offenen Gesellschaft.