SPD beklagt Bildungschaos
STUTTGART. Die SPD-Fraktion lässt nicht locker. Unter dem Motto „Auf Schwarz folgt Grün – das Bildungschaos bleibt“ hat sie eine aktuelle Debatte beantragt zur Politik des Kultusministeriums unter der grünen Ministerin Theresa Schopper. Bildungsexperte Stefan Fulst-Blei zählte zunächst auf, was aus Sicht der SPD versäumt wurde. Es brauche mehr Lehrkräfte und mehr Räume, mehr Luftfilter, die zu spät kamen, Planbarkeit im Handeln, Stärkung von Schulsozialarbeit und Schulpsychologie und vieles mehr. Er beklagte, dass sich das Land nur bewegt, wenn es Initiativen des Bundes gibt.
Auf Eis gelegt wurden der Ausbau der Ganztagsschule, die Fortentwicklung der Inklusion, der Fachkräfteaufwuchs im Bereich der Kitas und die Förderung der Gemeinschaftsschulen. Als eines der drängendsten Probleme nannte Fulst-Blei den Unterrichtsausfall. Dieser verschärfe sich. Krankheitsreserven seien vielerorts komplett aufgebraucht. An der Bodelschwingh-Schule in Göppingen müsse sogar ein kompletter Tag für das Schuljahr gestrichen werde. Der Fachkräftemangel und dieser Unterrichtsausfall seien grün-schwarz hausgemacht, kritisierte der SPD-Politiker. Für ihn ist die Ministerin total gescheitert mit ihren Anträgen. 254 neue Stellen, um den Schülerzuwachs auszugleichen, 105 mehr Lehrkräfte für die Krankheitsreserve, die Aufhebung der Entlassungen über die Sommerferien, ausreichend Stellen im Bereich der Inklusion sowie ausreichend Stellen für den Ganztag – alles sei abgelehnt worden.
Poreski verteidigt Politik des Kultusministeriums
Thomas Poreski (Grüne) verteidigte die Politik des Kultusministeriums und wandte sich gegen den Rundumschlag der SPD. Mehr zu fordern ohne Rücksicht auf die Machbarkeit, sei wohlfeiler Populismus, so Poreski. Auf die Kritik von Fulst-Blei, dass das Programm „Rückenwind“ zum Ausgleich der Lernlücken während der Pandemie nicht in Fahrt komme, verwies er darauf, dass der bürokratische Aufwand reduziert werden solle, um den Druck auf die Schulen zu verringern.
Alexander Becker (CDU) findet es wohl feil, Debatten so zu führen, dass immer die Regierung schuld ist. Ausgerechnet in der Ära der Sozialdemokratie habe die Attraktivität des Lehrerberufs am meistengelitten und nannte das Stellenabbauprogramm, die Absenkung der Eingangsbesoldung, die Verschiebung der Altersermäßigung und die Kürzung des allgemeinen Entlastungskontingents als Beispiele.
Timm Kern (FDP) bemängelte, dass ein resilienter Schulbetrieb nicht möglich sei, weil Personal fehle. Tatsächlich stehe aktuell eine beträchtliche Zahl an Lehrkräften für den Präsenzunterricht gar nicht zur Verfügung, wenn zum Beispiel schwangere Lehrerinnen vor dem Infektionsrisiko geschützt werden müssen. Der immense Mehrbedarf an Unterricht und das Aufholen der Lernlücken, die wegen Corona bereits entstanden sind, müssen nach Ansicht Kerns personell untermauert werden. Das aktuelle Rückenwindprogramm bleibe deshalb eher eine Flaute. Er sieht eiine Schwächung der Realschulen voraus, wenn die beiden bisher eigenständigen Referate „Realschulen“ und „Gemeinschaftsschulen“ zusammengelegt und der Leitung aus dem Bereich der Gemeinschaftsschulen unterstellt werden.
Unterrichtsausfall bereitet Ministerin Schopper Sorge
Hans-Peter Hörner (AfD) bezeichnete das Bildungssystem als Schande. Es sei längst privatisiert. Eltern, die ihre Kinder heutzutage fördern wollen und ihren Kindern nicht in verschiedenster Art und Weise helfen, sei es durch Nachhilfeunterricht, sei es durch Unterricht von Verwandten und Bekannten würden nicht weiter kommen. Dieses Bildungssystem versagt nach Hörners Ansicht auf jede Art und Weise.
Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) räumte ein, dass ihr Unterrichtsausfall „größte Sorgen“ bereitet. Gerade an den Grundschulen und im Bereich der Sonderpädagogik verschärfe sich die Situation mit dem Unterrichtsausfall noch dadurch, dass Grundschullehrerinnen, die schwanger sind, in den Klassen 1 bis 3 nicht im Präsenzunterricht eingesetzt werden können, sondern erst ab Klasse 4.
Angesichts des Lehrermangels betonte Schopper, dass es das Ministerium anderweitig schaffen müsse, den Schulen Unterstützung zu geben, indem Quereinsteiger, Seiteneinsteiger pädagogisch präpariert, andere Zugangswege geschaffen und auch die Kapazitäten bei den jeweiligen Studiengängen ausgebaut werden. Und zum Programm „Rückenwind“ erläuterte sie, dass es so etwas in dieser Größenordnung noch nie gegeben habe, überzwei Jahre hinweg. Es müsse deshalb sukzessive starten. Zur Kritik an dem Verzicht auf das Maskentragen im Unterricht sagte Schopper, dass in der zu erwartenden Alarmstufe ohnehin die Maskenpflicht wieder komme. Außerdem verwies die auf das Riesensicherheitskonzept an den Schulen.
Quelle/Autor: Rainer Lang