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Sozialminister Lucha: Landespflegekammer soll voraussichtlich bis Ende 2024 errichtet werden
STUTTGART. Es soll eine Landespflegekammer errichtet werden. Das Sozialministerium kommt dabei einer Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag zwischen Grünen und CDU nach. Die Opposition ist strikt dagegen, wie SPD und AfD, oder zumindest skeptisch wie die FDP.
Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) verweist darauf, dass mit dem Gesetzentwurf eine Empfehlung der Enquetekommission von 2016 umgesetzt werde. „Es wird Zeit, dass die entscheidend größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen über ihren eigenen Berufsstand entscheidet und in Gremien mit am Tisch sitzt und nicht nur die Empfängerin von Regeln ist, die andere gemacht haben“, erklärte er.
In der von der Enquete geforderten wissenschaftlichen repräsentativen Umfrage habe sich eine deutliche Mehrheit der Pflegefachkräfte in der letzten Legislaturperiode für die Gründung der Kammer ausgesprochen, fügte der Minister hinzu.
Ende 2024 soll sie stehen
Nach seinen Angaben soll die Landespflegekammer Baden-Württemberg nach einer Gründungsphase von 18 Monaten errichtet werden, voraussichtlich Ende 2024. Alle Pflegefachkräfte, die im Land arbeiten, das sind aktuell rund 110.000 Personen, sind in dieser Körperschaft des öffentlichen Rechts Pflichtmitglieder. Doch eine Hürde gibt es: Die Wahl zur ersten Vertreterversammlung wird nur stattfinden können, wenn 60 Prozent der künftigen Pflichtmitglieder registriert sind.
Für Petra Krebs (Grüne) geht es bei dem Gesetz vor allem um Empowerment. Damit meint sie nicht nur die Stärkung des Pflegefachpersonals, sondern auch die Schaffung eines attraktiven und sichtbaren Berufsbilds der Pflegenden. Das sei zwingend notwendig, so Krebs, denn noch immer würden weitreichende Entscheidungen über die Köpfe der Pflegefachpersonen hinweg getroffen.
CDU: Kein Zwang
Das sieht auch Tim Bückner (CDU) so. Er hielt den Kritikern aus den Reihen der Gewerkschaften und der Betriebsräte entgegen, dass der Landtag der Pflege keine Pflegekammer aufzwinge. „Mit diesem Gesetz machen wir der Pflege und den betroffenen Pflegekräften vielmehr ein Angebot, das sie annehmen oder auch ablehnen können“, bekräftigte Bückner. Es sei das Angebot, wichtige Aspekte der Profession in die eigenen Hände zu nehmen und über die Kammer als Selbstverwaltungsorgan mitbestimmen zu können. Deshalb gebe es das Errichtungsquorum von 60 Prozent, erläuterte der CDU-Abgeordnete.
Entschiedener Widerspruch kam von der SPD. Für Florian Wahl ist dieser Gesetzentwurf keine Wertschätzung für die Pflege. Er warf dem Ministerium vor, bewusst einen Spaltpilz mitten in die Belegschaft der Pflege zu werfen. Der Riss gehe zwischen Gewerkschaften, Landespflegerat und anderen Organisationen hindurch genauso wie durch die Beschäftigten und die Generationen.
Wahl kritisierte, dass es nicht gelungen sei, eine einvernehmliche Lösung, einen transparenten Prozess und einen geordneten Diskurs innerhalb und mit der Pflege zu organisieren. Er bedauerte, dass die Debatte per Kabinettsbeschluss beendet werde. Mit dem Gesetz werde der Pflege eine Selbstverwaltung übergestülpt, „ohne dass jemand weiß, ob diese mehrheitlich gewollt ist“.
AfD: Regierung schiebt Verantwortung ab
Jochen Haußmann (FDP) sieht zwar noch viele ungeklärte Aspekte in dem Entwurf. Außerdem seien die Liberalen grundsätzlich skeptisch gegenüber einer Kammer. Aber bei einem Quorum von 60 Prozent sei auch die FDP bereit zu sagen, wenn die Pflegekräfte in Baden-Württemberg das aus freien Stücken möchten, dann spreche nichts gegen eine Errichtung einer Pflegekammer.
Aus Sicht der AfD schiebt die Landesregierung mit dem Gesetzentwurf die Verantwortung, die Pflege in Baden-Württemberg zu stabilisieren, an die Pflegekräfte ab. Dies bezeichnet Bernhard Eisenhut als schäbig. In Wirklichkeit habe die Landesregierung für die Menschen, die Tag für Tag das Pflege- und Gesundheitssystem auf den Schultern tragen, gar nichts übrig.
Quelle/Autor: Rainer Lang