Schulversuche in Tübingen und Karlsruhe abgelehnt
Stuttgart. Die Fraktionen von CDU und FDP im Landtag sind mehrheitlich nicht für neue Schulversuche zu gewinnen. Sie lehnten die von SPD und Grünen eingebrachten Anträge zur Einrichtung einer zehnjährigen Modellschule in Karlsruhe und des Schulversuchs „Neue Sekundarschule“ an der französischen Grundschule in Tübingen ab.
Beiden Anträgen lagen klare Voten von betroffenen Eltern, Lehrern und Schülern sowie der beteiligten Städte zugrunde. „Bisher war Ihre Schulpoltik Rau, dann sollte sie Schick werden“, kommentierte Ilka Neuenhaus (Grüne) die Haltung der Landesregierung auch nach dem Minister-Wechsel im Kultusministerium von Helmut Rau zu Marion Schick (beide CDU).
Unbehagen über Koalitionspartner
Allerdings äußerte in der Debatte die FDP-Abgeordnete Birgit Arnold erneut ihr Unbehagen über den Koalitionspartner CDU. „Sie wissen ja, wer das Sagen hat in dieser Frage“, sagte die Bildungsexpertin der Liberalen – und meinte, die FDP würde ja gerne manches zulassen.
Beim Schulversuch in Tübingen, vom Gemeinderat bereits am 29. Juni 2009 beantragt, sollten Kinder unterschiedlicher Begabung und sozialer Herkunft von Klasse 1 bis 10 voneinander und miteinander lernen, ohne den Druck der frühen Trennung nach der vierten Klasse.
Der Gemeinderat in Karlsruhe hatte schon am 11. März 2008 beschlossen, einen Schulversuch nach skandinavischem Vorbild zu beantragen; auch dort sollten Kinder gemeinsam zehn Jahre lang lernen. Von Seiten der Schulverwaltung habe es dazu bisher keine Rückmeldung gegeben, monierten SPD und Grüne.
Rund 100 Anträge auf Modellversuche
Für die CDU lehnte Volker Schebesta die Anträge ab. Wenn man zwei Schulmodelle zulasse, was passiere dann mit den anderen Anträgen, fragte er in die Runde. Dem Kultusministerium lägen derzeit rund 100 Anträge auf Modellversuche zu. Was im Modell gut funktioniere, müsse noch lange nicht pauschal gutgehen, erklärte Schebesta. Er wolle keine heterogene Schullandschaft in Baden-Württemberg schaffen, da dies unter anderem Probleme bei Schulwechseln bringe, konstatierte der CDU-Abgeordnete.
"Wertschätzender Umgang mit Kindern"
Die Grünen-Schulexpertin Renate Rastätter plädierte dafür, Karlsruhe und Tübingen eine Chance zu geben. Sie forderte die Regierungsfraktionen auf, ein Signal in der Schulpolitik zu setzen und innovative Schulentwicklung nicht weiter zu blockieren. Sie forderte einen „wertschätzenden Umgang mit Kindern“.
Auch Rita Haller-Haid (SPD) warnte CDU und FDP davor, den Willen von Eltern, Lehrern, Schülern und Kommunen zu ignorieren. Die vorgelegten Konzepte würden auch jederzeit Schulwechsel von Schülern zulassen. Johannes Stober (SPD) verwies auf das große Interesse und die Begleitung des Modellversuchs in Karlsruhe durch die Pädagogische Hochschule (PH). Er fragte die Regierung und die sie tragenden Fraktionen: „Welches Zeugnis stellen Sie der PH mit Ihrer Ablehnung aus?"
Ergebnisse von Versuchen werden abgewartet
Nach Ansicht von Kultus-Staatssekretär Georg Wacker (CDU) sind beide Experimente nicht notwendig. Es seien zunächst die empirischen Ergebnisse der derzeit laufenden 20 Modellversuche im Land abzuwarten. Das Schulwesen im Südwesten sieht er „glänzend in der Fläche“ aufgestellt, in Karlsruhe und Tübingen gebe es „exzellente Schulangebote“.
Für den SPD-Schulexperten Norbert Zeller ist diese Haltung schwer nachvollziehbar, erklärte er. Bei der Ganztagesschule habe das Ministerium 1200 Schulversuche gebraucht, jetzt wolle man nicht einmal zwei begründete und sinnvolle Modelle genehmigen.