Schmids „zuwachsendes Tal“ stärkt den Ländlichen Raum
Stuttgart. Was ein Zitat alles bewegen kann. "Dann wächst im Schwarzwald halt mal ein Tal zu. Bildung und Betreuung sind wichtiger als die Frage, ob es einen Bauern mehr oder weniger gibt", hatte Finanzminister Nils Schmid (SPD) im Sommer geäußert. Die CDU-Fraktion im Landtag nutzte dies am Mittwoch mit der aktuellen Debatte "Grün-Rot: Absage an den ländlichen Raum!". Allerdings blieb die von der Opposition erwartete Konfrontation aus. Die Redner aller vier Landtagsfraktion bekannten sich zu dem wichtigen ländlichen Raum in Baden-Württemberg.
Agrarminister Alexander Bonde (Grüne) nutzte die Vorlage gar zu einer Retourkutsche an Schwarz-Gelb. Die Bundesregierung habe der geplanten Mittelkürzung der EU für den ländlichen Raum von 22 Millionen Euro zugestimmt, monierte Bonde und schilderte die Folgen, sollte die Kürzung durchgehen. "Dann können wir dies nicht aus dem Landeshaushalt kompensieren", sagte er vorwurfsvoll in Richtung der Opposition.
Für die CDU hatte Paul Locherer in der Debatte versucht, eine Keil zwischen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und seinen Stellvertreter Schmid wegen ihrer unterschiedlicher Aussagen zum ländlichen Raum zu treiben. Doch der für Baden-Württemberg so wichtige Bereich jenseits der Städte, der 70 Prozent der Landesfläche ausmacht, einte schnell die Redner. Zwar sprachen alle Abgeordneten die Schwierigkeiten – demografische Entwicklung, leerstehende Dorfläden, fehlende Landärzte, schlechte Infrastruktur, Schulschließungen und Polizeireform – an, im Grunde aber beteuerten sie die Wichtigkeit und damit auch die notwendige Unterstützung des ländlichen Raumes.
Die Förderung dürfe nicht gekürzt werden, forderte Locherer. Bernd Murschel (Grüne) betonte, die Regierung werde Wertschöpfung in den ländlichen Raum bringen. Durch Verkehrsinfrastruktur soll die Verbindung zwischen Stadt und Land, "die zusammen gehören", besser möglich sein. Auch den Bauern, die in Deutschland das geringste Durchschnitts-Einkommen haben, soll geholfen werden. Deshalb habe Grün-Rot die Mittel für das Entwicklungsprogramm ländlicher Raum (ELR) aufgestockt. Die Eingrenzung des Flächenverbrauchs bezeichnete Murschel als weitere wichtige Aufgabe.
Man dürfe nicht so tun, als ob alles gefährdet sei, forderte Alfred Winkler (SPD). Schon in der Regierungszeit von Schwarz-Gelb sei es nicht gelungen, die Abwanderung vom Land in die Städte und damit die Auszehrung zu stoppen. Viele Flächen seien jetzt schon zugewachsen – "bei der CDU, nicht bei uns", sagte Winkler. Er sprach sich deshalb für Ausgleichszahlungen für besonders schwierige Lagen in der Landschaft aus. Aus seiner Sicht ist die Nahversorgung schwieriger geworden. In der Gemeinschaftsschule sieht Winkler ein Instrument, um die Schulen im ländlichen Raum zu retten, trotz zurückgehender Schülerzahlen.
Friedrich Bullinger (FDP) warnte vor falscher Ökologisierung. "Eine Agrarpolizei brauchen wir nicht", sagte er. Der Liberale forderte eine Flurneuordnung, diese sei wichtiger als ein Nationalpark oder "ökologische Daumenschrauben" für die Landwirte. Bullinger plädierte außerdem für eine Stabsstelle ländlicher Raum zur besseren Koordinierung zwischen den Ministerien.
Bonde wies noch einmal auf die Leistungen der Regierung hin. So seien die Ausgleichszahlungen im Haushalt gerettet worden. Auch er forderte, das strukturelle Schulsystem im ländlichen Raum zu belassen. Seine Grünen-Kollege Markus Rösler konstatierte, der Pakt mit den Kommunen sei auch ein Erfolg für den ländlichen Raum, die Breitband Initiative II ein weiterer. Durch die Polizeireform werde mehr und nicht weniger Polizei dorthin kommen. Und er fand sogar ein Thema, um gegen die CDU zu sticheln. Die Oppositions-Fraktion habe beantragt, die Landfrauen aus dem Rundfunkrat zu verbannen. "Das werden wir natürlich verhindern", sagte Rösler.