Schlagabtausch über Bundestagswahlprogramm
Stuttgart. Wahlkampfgetöse bei der letzten Plenardebatte vor der Bundestagswahl im Landtag von Baden-Württemberg: Die Wahlversprechen der CDU sorgten im Landtag für einen Vorgeschmack auf die Endphase des Bundestagswahlkampfes. Während SPD und Grüne die Wahlversprechen der CDU-geführten Bundesregierung als nicht finanzierbar und schädlich für den Standort Baden-Württemberg bezeichneten, kritisierten CDU und FDP vor allem die Steuerpläne der Grünen als mittelstands- und leistungsfeindlich.
Grünen-Fraktionsvorsitzende Edith Sitzmann stellte die Frage: „Was brauchen wir in Baden-Württemberg?“ und sprach erforderliche Investitionen des Bundes in die Verkehrsinfrastruktur an. „Der Verkehrswegeplan ist maßlos überzeichnet; wir bräuchten allein in Baden-Württemberg für den Aus- und Neubau rund 600 Millionen Euro, sind aber im Verkehrswegeplan des Bundes nur mit 100 Millionen Euro berücksichtigt“, sagte Sitzmann.
Sitzmann bemängelt fehlende Unterstützung für Schienenprojekte
Während es von der Bundes-CDU nicht finanzierte Wahlkampfversprechen in Höhe von rund 30 Milliarden Euro gebe, bräuchte das Land Baden-Württemberg ganz konkret dringend Planungssicherheit beim Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, das 2019 auslaufe. „Das bereitet uns viele Probleme, viele Schienenprojekte im Land sollten damit finanziert werden und das Land hat dafür bis 2019 schon 450 Millionen Euro bereitgestellt“, sagte Sitzmann und bemängelte die fehlende Unterstützung des Bundes.
Das versprochene Betreuungsgeld, so Sitzmann weiter, brauche Baden-Württemberg nicht. „Was wir brauchen, ist Unterstützung beim Ausbau des Ganztagesschulangebots, bei frühkindlicher Bildung und bei der Umsetzung der UN-Behindertenkonvention.“ Es sei daher nicht im Interesse des Landes Baden-Württemberg, wenn die CDU im Bund weiter an der Regierung sei. „Es gibt teure Wahlkampfversprechen, die nicht finanziert sind; und keine Ansagen, ob uns die CDU bei den Problemen, die wir in Baden-Württemberg haben, unterstützt.“ Auch bei der Energiewende hätten die CDU und der Bundesumweltminister sich als Bremser erwiesen. „Sie haben es geschafft, den Jobmotor Energiewende zum Stottern zu bringen“, sagte Sitzmann.
CDU kritisiert Steuerpläne der Grünen
Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Schmiedel kritisierte die Wahlkampfversprechen der CDU. „Keine neuen Steuern, keine neuen Schulden – wie wollen Sie das finanzieren?“ fragte er und warf der CDU vor, die Menschen „hinter den Busch“ zu führen. „Das ist Wahlbetrug mit Ansage.“ Schmiedel kritisierte an CDU und FDP, dass sie verschwiegen, welche Folgen die „CDU-Wahlgeschenke“ für Baden-Württemberg hätten.
Dagegen nannte Reinhard Löffler für die CDU die Steuerpläne der Grünen einen „Raubzug auf Ansage“, der die Gesellschaft in Arm und Reich polarisiere und den Mittelstand „zerbrösele“. „Bei Ihnen zahlt der Mittelstand, bei uns zählt der Mittelstand – das ist der Unterschied!“ rief Löffler den Fraktionen von SPD und Grünen zu. Löffler vermutete in den Äußerungen der Grünen „Fracksausen“ angesichts der Wahlprognosen. „Deutschland steht international sehr gut da, das ist das Ergebnis von Leistung und Freiheit, nicht von Gleichmacherei und Gleichschaltung“, sagte Löffler. Den Abgeordneten von SPD und Grünen empfahl der CDU-Politiker, in den Sommerferien ebenfalls ein Betriebspraktikum zu machen – wie es der Kultusminister den Lehrern empfohlen habe. „Das würde Ihre Augen für den Mittelstand öffnen.“
Finanzminister: Gegenfinanzierung der CDU-Wahlversprechen fehlt
Auch Jochen Haußmann von der FDP-Fraktion kritisierte das Grünen-Wahlprogramm und formulierte den Grünen-Wahlslogan „Zeit für grünen Wandel“ in „Zeit für unlauteren Handel“ um. „Die Steuerpläne der Grünen sind eine Mischung aus den Märchen von '1001 Nacht' und 'Frankensteins Gruselkabinett'“, sagte Haußmann. Laut eine Studie des DIW müssten, so Haußmann, sollten die Grünen-Steuerpläne umgesetzt werden, 95 Prozent aller Unternehmen mehr Abgaben bezahlen. „Mit dieser Politik gefährden Sie den Mittelstand in Baden-Württemberg“, so Haußmann.
Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) kritisierte die fehlende Gegenfinanzierung der CDU-Wahlversprechen. „Wir in Baden-Württemberg disktutieren mit großer Ernsthaftigkeit darüber, wie wir in großen und kleinen Schritten dem großen Ziel einen Schritt näher kommen, keine neuen Schulden zu machen. Aber während wir das machen, gibt die CDU im Bund Wahlkampfversprechen ab, die nicht finanzierbar sind.“ Die möglichen Auswirkungen der Pläne auf den Landeshaushalt dagegen seien enorm. „Durch die Abschaffung der kalten Progression würden dem Land bis zu 465 Millionen Euro an Steuereinnahmen fehlen“, sagte Schmid.